StartMusik10 Jahre "The Fame" von Lady Gaga (Podcast)

10 Jahre „The Fame“ von Lady Gaga (Podcast)

Der Körper zerschunden, immer wieder irgendwie zusammengeflickt, notdürftig mit Schmerzmitteln am Laufen gehalten. Die Songs dazu sind nun persönlich, mit erdiger, musiaklischer Untermalung, anscheinend handgeschliffen, schon dem Namen, „Joanne“, nach ein Tribut an ein verstorbenes Familienmitglied. Selbstverständlich gibt Lady Gaga auch heute noch Auftritte in Vegas, während der Halbzeitpause des Superbowl, in den Arenen dieser Erde, von den auf die entsprechende Dicke gepumpten Produktionen ganz zu schweigen, und doch hat sich etwas verschoben, seit diese junge Frau omnipräsent und unfassbar zugleich schien. Alle Welt durfte sich aus dieser Kunstfigur picken, was er oder sie wollte – nicht nur dem medial forcierten Image nach war Lady Gaga der ultimative Popstar für das 21. Jahrhundert, die Geschwindigkeit ihrer Neuerfindungen war tatsächlich beeindruckend.

Dabei gibt es bei der Betrachtung dieses per Definition schnelllebigen Phänomens nicht nur das hintere Ende, an dem eine in Richtung Natürlichkeit gebogene, eingangs beschriebene Inszenierung als neue Facette des ewigen Spiegelspiels steht, sondern auch einen Anfang, von dem aus sich das Phänomen entfalten konnte. Gebaut war diese Basis aus einem Willen zur Inszenierung, nicht zu leugnendem Talent und vor allem Hits, Hits, Hits, Hits. Vier an der Zahl, die 2008 und stärker noch 2009 jedem noch so resistenten Radiopublikum die Information aufdrängten, dass hier etwas nach oben kraxelte, was nicht in etablierte Lager zu pressen war und ganz sicher nicht bereit war, sich mit einer erfolgreichen, auf den Zeitgeist produzierten Single zufrieden zu geben.

Stattdessen wurde der Boulevard mit kalkulierten Skandalen gefüttert, die ewig nach Talent im Pop suchenden mit Klavierversionen beruhigt, das Feulleiton mit Rilke und Warhol bei der Stange gehalten, nebenbei am Ende von MTV die Ära des Musikvideos kurzzeitig reanimiert und als Kür versucht, allen potentiellen Minderheiten mitten im Mainstream eine Stimme zu geben. Genau dort steckt nämlich das international in Etappen veröffentliche, immer wieder umgebaute, wandelbare Debüt „The Fame“: In einer Zeit, in der langsam alle Musik in Schubladen huschen sollte, umarmte die hier versammelte Musik Pop, mit polierten Gitarren, glitzernden Synthesizern und grauseligen, aber ebendrum exzellenten Features. Oberflächlichkeiten, Images, Andeutungen, Melodien, grelle Farben, Hooks Sex, Sorglosigkeit, außer natürlich, irgendwas ist mit den Boys, aber selbst das lässt sich wohl mit Geld und Ruhm wegspülen. Ein wundervolles Konzept, das gerade aus seiner (vorgeblichen) Beliebigkeit und Austauschbarkeit steckt. Wie man von diesem Punkt aus weitermachen, gar altern soll? Das muss in zehn, vielleicht zwanzig Jahren besprochen werden. Vorerst blicken wir zurück auf die eben skizzierten Anfänge, als alle kollektiv ahnen durften, dass hier endlich der perfekte, makellose Popstar fürs 21. Jahrhundert aufgehe.

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