StartMusik10 Jahre "Viva La Vida Or Death And All His Friends" (Podcast)

10 Jahre „Viva La Vida Or Death And All His Friends“ (Podcast)

Till sang „Viva La Vida“ auf seiner Abifeier, ich wunderte mich über die verzerrten Gitarren in der Leadsingle „Violet Hill“ und auch sonst gab es 2008 kein Vorbeikommen an Coldplay. Nachdem sie sich mit „X&Y“ beinahe in unaufgeregte, langweilige Großormatigkeit verabschiedet hätten, gab es auf „Viva La Vida Or Death And All His Friends“ alles: Gewagtere Strukturen, frische Einflüsse, ein theatralisches Image und vor allem die alle vereinende Hit-Single, die bis dato ihre Erfolgreichste bleiben sollte. Also durchaus eine Platte, der man unterm Strich ein paar Paradoxien nicht absprechen kann.

Zehn Jahre später wissen wir, wie Coldplay diese Unebenheiten im Anschluss sorgsam planiert und in ein makelloses Konsens-Image transformiert haben. Im Rückblick wird die Platte damit entweder zum letzten Aufbäumen einer ehedem kreativen, irgendwie sogar ambitionierten Band oder zu genau dem Moment, in dem die irgendwie sympathischen Leisetreter endgültig alle Zweifel über Bord warfen und sich ins Stadion verabschiedeten, in dem Zwischentöne keine Relevanz besitzen.

Diese Lesarten ergeben wiederum einen deutlichen Tenor: Ganz so einfach, wie es bei Coldplay gerne scheint, ist „Viva La Vida Or Death And All His Friends“ nicht. Wer genau hinhört, der findet die aufgebrochenen Strukturen in „42“, den bemerkenswerten Orgelsound in „Lost“, die widerhakenden Elemente in „Cemetries Of London“, aber eben auch die großen, offensiv angelegten Mitmachmomente, die La-La-Las und Oh-ho-ho-ho-ho-hos, die teils banalen, teils nur als solche wahrgenommenen Lyrics und vielleicht genau den schmalen Grat zwischen großem Konzept, komplexer Umsetzung, maximaler Eingängigkeit und phasenweiser Demut, den das Quartett später nicht mehr meistern konnte. Keine leichte Angelegenheit also, und damit genau das richtige Ausgangsmaterial, um sich zu Tisch ausnahmsweise nicht ganz einig zu sein.

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