Ja, ich bekenne mich schuldig! Ich bin Tropical Fuck Storm-Fan. Egal ob die Musik, Name, Artworks, Videos oder einfach die gesamte Attitüde der australischen Supergroup: Ich find’s geil! Noch geiler finde ich also, dass Frontmann Gareth Liddiard im Zuge ihrer anstehenden Europa-Tour ein paar Fragen beantwortet hat.
Zunächst stellt sich mir eine Frage: Tropical Fuck Storm. Warum genau dieser Name?
Ehrlich? Wir hatten einfach keinen Bock auf einen langweiligen Namen. Es gibt nichts Schlimmeres, als übertrieben ernst zu sein wenn man Rock ‘n’ Roll macht. Das ist etwas für Giovanni Giorgi, also für echte Musiker.
Ihr seid in meinen Augen immerhin ein Quartett aus Musikern, die schon mit anderen Projekten erfolgreich waren – wie habt ihr zusammengefunden?
Fiona (Kitschin) und ich haben lange Zeit zusammen bei The Drones gespielt und hatten beide das Gefühl, dass es an der Zeit für etwas Neues war. Wir kannten Erica (Dunn) schon seit Jahr und da sie auch für einige Zeit bei The Drones mit dabei war, hat es da einfach gepasst. Als ich (Lauren) Hammel das erste Mal mit ihrer anderen Band sah, kannte ich sie nicht. Allerdings dachte ich sofort: “Wow, alter! Falls ich jemals einen Drummer brauchen sollte, habe ich sie gerade gefunden!”. Bekanntermaßen brauchte ich dann wirklich jemanden und so haben wir sie über einen gemeinsamen Freund kennengelernt. Wenig später haben wir dann auch schon angefangen zusammen zu jammen.
Ich persönlich bin der Meinung, dass ihr in Deutschland viel zu unbekannt seid! Wie würdest du euren Sound für jemanden beschreiben, der noch nie von Tropical Fuck Storm gehört hat?
Naja, wirklich bekannt sind wir sowieso nicht… Ich denke TFS (Tropical Fuck Storm) und The Drones sind die unbekanntesten Bands der bekannten Bands. Oder vielleicht sind es auch die erfolglosesten von den erfolgreichsten Bands auf der Welt. Dieser Umstand schockiert uns als Band also nicht sonderlich.
Ich finde es schwer unseren Sound zu beschreiben. Wir klingen komisch, aber auch groovy und manchmal sogar catchy. Dann kann es aber auch wieder sehr wild werden. Vielleicht kann man uns mit Black Flag oder Captain Beefheart vergleichen. Also unter dem Gesichtspunkt, dass Black Flag Harcore-Punk machen, dabei aber nicht wie der ganze andere Hardcore-Punk klingen. Beefheart machen Prog-Blues, klingen aber nicht nach Schema-F. Led Zeppelin machen Hard Rock, sind dabei aber weirder und kaputter als alle anderen Hard Rock Bands. Slayer machen Metal, haben aber definitiv etwas, was den anderen Bands fehlt. Joy Division machten New Wave oder Goth, allerdings mit sehr viel mehr Tiefe als die anderen. Einstürzende Neubauten machen Industrial, sind aber auch sehr viel weirder als die Mitbewerber. Naja. Wir sind halt wie eine von den Bands.
Wie du schon angesprochen hast, habt ihr alle eure eigenen bzw. andere Projekte. Hat TFS oberste Priorität oder lasst ihr die Band eher neben den anderen Projekten herlaufen?
Nö, wir machen jetzt alle hauptsächlich TFS. Bringt Spaß.
Um mal eine Frage vollkommen außer der Reihe zu stellen: Ich habe dieses Foto auf eurem Instagram gefunden. Was ist die Geschichte dahinter?
Auf dem Foto erwürge ich einen Vogel, der mir Geld schuldet. Okay, ernsthaft: Der Vogel ist ein Götzenliest. Wir leben mitten im Nirgendwo von Victoria. Dort haben wir eine große Garage, bei der eine Seite offen steht und in die andere eine große Glasscheibe eingesetzt wurde. Der Vogel hat sich darin schon ein paar Mal verflogen, also musste ich in per Hand wieder hinaus geleiten. Der Götzenliest ist ziemlich selten, es hatte für mich etwas erhabenes mal einen in der Hand halten zu können. Hier in Australien haben wir sehr viele Jägerliester, eine sehr große Version des Götzenliest, da war es schon echt besonders mal einen normalen Götzenliest zu sehen.
Bevor ihr euer Album “A Laughing Death in Meatspace” veröffentlicht habt, wurden erstmal vier Singles released. Was war für euch die Strategie hinter so vielen Singles im Vorfeld?
Wir waren eine frische Band ohne jegliche Musik – irgendwo mussten wir anfangen. Das Konzept hinter den Singles war einen unserer Songs auf die A-Seite zu packen und für die B-Seite coverten wir dann einen anderen australischen Song. Im Grunde haben wir so herausgefunden, wohin wir mit TFS überhaupt wollten.
Im Zuge der Singles würde ich gerne noch wissen, wofür die Cover stehen und wer dafür verantwortlich ist.
Joe Becker macht unsere Cover-Artworks. Er ist ein Künstler aus Toronto, den ich im Netz gefunden habe. Seine Arbeiten sind mega abgefahren, daher passen sie gut zu uns. Die letzten fünf Jahre waren vor allem von politischer Korrektheit gezeichnet und viele Menschen haben sich vollkommen unnötig über viele Dinge aufgeregt – Joe gehört nicht zu diesen Leuten, was ziemlich geil ist. Er ist einfach ein echter Künstler! Ich meine auf einem unserer Cover kann man 19 erigierte Pimmel sehen.
Gut, abgesehen von den Pimmlen: Wofür steht ihr mit TFS und eurer Musik?
Scheiß auf Trends. Denk darüber nach, was du tust – das ist heutzutage schon schwer genug. Jedes der beiden politischen Extreme will mit Druck erreichen, dass man sich anpasst – TFS sind dagegen. Es gibt diese Annahme, dass unser Status Quo (als Gesellschaft) auch in Zukunft so bleiben wird. Verstehst Du, was ich meine? Die Art und Weise, wie Menschen denken – oder auch nicht – und wie die Linken wollen, dass man denkt – oder eben nicht. Es gibt aber einfach kein “ab jetzt bleibt es so und so”! Hat es niemals gegeben! Es gibt einzig den Lauf der Zeit. Und das sage ich als linksorientierte Person. Mittlerweile ist man als linksorientierte Person ein größerer Feind für die Linksradikalen und alternativen Linken, als für die Rechten.
Aber ganz im Ernst: Mach einfach dein Ding. Sag, was du willst. Wenn du ein Arschloch bist, werden es die anderen schon merken. Wenn du abgefuckten Hass-Reden-Scheiss von dir gibst, bekommst du Probleme mit dem Gesetz. Wenn du nette Sachen sagst, wirst du auch nett behandelt. Oder du wirst von einem Bus überfahren, wer weiß das schon? Grundsätzlich gilt aber natürlich: Wenn man etwas Böses sagt, ist das nicht dasselbe wie ein Gewaltverbrechen. Die ganze Welt ist ein einziges Boulevardblatt, alles wird vollkommen ohne Relation aufgeblasen.
Ich komme mal von der Politik zu einem eher wirtschaftlichen Thema: Was denkst Du über das Vinyl-Revival und welche Auswirkungen hat es auf die Musikindustrie?
Ich mag’s. Vinyl ist ein schönes Medium, um seine Musik zu veröffentlichen. Es bringt auch einfach Spaß mit diesen großen Covern zu arbeiten. Wo ich allerdings sehr laut lachen muss ist, wenn Leute mir erzählen wollen, dass Vinyl eine bessere Soundqualität hat als alles andere. Ich habe 20 Jahre in Studios gearbeitet und solche Leute haben in der Regel keine Ahnung, wovon sie gerade sprechen. Die fetischisieren das Medium, das ist aber auch alles. Das Medium selbst gibt den Aufnahmen eine schöne Textur, die man allerdings nochmal mehr mag, wenn man damit in seiner Jugend in Berührung gekommen ist. Tatsächlich wird die aufgenommene Musik aber schlechter, als auf CD oder sogar MP3. Im Studio muss man die Audioqualität immer runterschrauben, bevor das Master ans Presswerk geht. Das steckt abgefahrener Psycho-Kram hinter. Wie dem auch sei – ich mag Vinyl.
Meine letzte Frage ist nochmal eine zu einem Instagram-Posting von vor nicht allzu langer Zeit. Interessanter als das Foto finde ich den Text “recording session for new album “How Long Is A Piece Of Shit” going excellency thanx” wie viel Wahrheit steckt hinter dem Namen der Platte auf einer Skala von 1 bis “Leck mich, das geht dich überhaupt nichts an!”?
Die Aufnahmen für die neue Platte laufen gut, es wird aber nicht so heißen. Der Arbeitstitel ist nur eine Anspielung auf das englische Sprichwort “how long is a piece of string?” (Warum ist die Banane krumm?). Das funktioniert halt genauso gut mit Kacke. Wir planen aber mit einem weltweiten Release im August.
Ja geil! Dann freue ich mich bis dahin erstmal auf eure Show in Hamburg! Vielen Dank für deine Zeit.
Cheers mate, ich freue mich schon wieder in Hamburg zu spielen.
Tropical Fuck Storm auf UK/EURO Summer Tour
31.05.2019 – Köln – Helios 37
01.06.2019 – Hamburg – HÄKKEN
02.06.2019 – Berlin – Privatclub