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Buddy Buxbaum im Interview: „Ich bin ein Input Junkie.“

Buddy „Sommerhit“ Buxbaum

Deichkind Gründungsmitglied Buddy Buxbaum meldet sich mit seinem Solo-Debütalbum „Unkaputtbar“ auf eigenem Label Holo Rec zurück. Ich bin mit dem Musiker, Rapper und Produzenten Bartosch Jeznach, wie er bürgerlich heißt, in der Langen Reihe im Hamburger Stadtteil St. Georg verabredet. Wir sprechen über sein neues Album, was für ihn wichtig ist aber natürlich auch über Deichkind.

Sieben Jahre ist es her, dass Buddy bei Deichkind ausgestiegen ist, weil Deichkind ihm zu elektronisch wurden und Techno nicht sein Ding war. Außerdem sollte wie bei den Beastie Boys jedes Album anders sein. Wie wir alle wissen, ist musikalisch seit „Aufstand im Schlaraffenland“ jedoch mehr oder weniger alles gleich geblieben bei den Deichkindern. Auf meine Frage, „Was nervt mehr, die Fragerei nach Deichkind oder der Ausstieg?“, antwortet er, dass die Fragerei mehr nervt, seinen Ausstieg hat er keinen Tag bereut. Er ist aber fein mit den Jungs.

Nach seinem Ausstieg kam das Neusortieren und etwa ein Jahr später hat Buddy langsam wieder mit dem Musizieren angefangen, produziert und sein Netzwerk erweitert. Es häuften sie die Jobs und die Sound-Layouts und nun ist das eigene Album auf eigenem Label draussen. Drei Jahre hat es gebraucht, 14 Tracks mit einer Laufzeit von einer knappen Stunde. Ein richtig dickes Album also, ein gutes Album, ein unkonventionelles, ein Grower, der sich gar nicht so leicht in Worte fassen lässt, also frage ich ihn einfach.

Testspiel.de: Wie beschreibst Du den Style oder Flow des Albums?

Buddy: Es fällt mir auch richtig schwer, das Album in nur eine Schublade zu stecken. Der Flow ist Feelgood, Country, Funk, Rock und Beat. Zwei, drei Nummern sind gewollt etwas düster, aber es kann ja nicht immer nur Feelgood sein.

Testspiel.de: Wen möchtest Du mit dem Album erreichen?

Buddy: Jung und alt, und unterm Strich alle die, die noch bewusst Musik hören und nicht nur auf die treffende Hook oder auf ihre Lieblingsnummer flashen. Die, die noch bereit sind ein ganzen Album durchzuhören.

Obwohl Buddy auf zwei seiner Tracks ganz klar rappt, kann man eigentlich überall lesen, dass er nicht mehr rappt. Davon unabhängig bin ich der Meinung, dass selbst sein Gesang nah am Sprachgesang ist.

Testspiel.de: Man könnte in einigen Kritiken zum Album lesen, dass Du nicht mehr rappst. Ich finde man hört den Flow vom Hip-Hop doch noch heraus.

Buddy: Ich komme ja nicht vom klassischen Songwriting, daher hört man wahrscheinlich, dass selbst eine Nummer wie „Ballast“, die songwritingmäßigste Nummer, eher untypisch geschrieben ist.  Der Song hat eigentlich viel zu viele Worte und ist eher im Rap-Schema geschrieben.

Video: „Ballast“

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Ich bin mir sicher, dass Buddy, wenn er gewollt hätte, aus ein paar seiner Songs richtige Hits hätte machen können, wenn er nur die Lust dazu gehabt hätte. „Termin im Park“ ist so ein Kandidat. Und das wird man doch auch mal fragen dürfen.

Buddy: Ich gehe da nicht so konzeptionell ran. Ich möchte, dass jede Nummer für sich funktioniert und meinem Anspruch genügt. Ich kann einen Song auch nicht herunterschrauben. Wir haben mal versucht, einen ganz einfachen Song zu machen, aber eigentlich steckt da zu viel Jazzer in mir, dass ich mich reduzieren kann und will. Bei „Termin im Park“ ist es z.B. genau so. Der ist so kurz vor knapp vor happy Radio-Melodie, aber andererseits hat der Song immer noch einen coolen Groove und ein cooles Thema.

Video: „Termin im Park“

https://www.youtube.com/watch?v=n25kH-Ft7wI

Testspiel.de: Wann ist das Album für Dich ein Erfolg?

Buddy: Ich bin zufrieden wenn das Ganze sich langfristig über das Album hinaus etabliert und Holo Rec bekannt ist für eine gewisse Qualität und für eine gewisse Spannung, weil ich nicht berechenbar bin für das was als nächstes kommt. Von Charterfolgen mache ich den Erfolg nicht abhängig. Dafür fehlt mir auch die Promo-Power. Ich bin jetzt ein Indie und kann nicht überall Plakate mit meinem Gesicht an die Wände ballern wie es ein Major tun würde, um innerhalb einem halben Jahr einen Hype zu erzeugen. Das kann ich ja gar nicht schaffen.

Testspiel.de: Ist das Album auch eine Art Visitenkarte für Dein Label?

Buddy: Für mich als Produzent. Am Anfang war das auch der Ansatz. Ich war mir gar nicht sicher, ob ich als Solo-Act zurückkomme oder als Buddy. Ich wollte eigentlich hinter den Kulissen weitermachen und für andere schreiben. Dabei sind diese Layouts entstanden und dann die Songs.

Testspiel.de: Du hast das Album nahezu allein eingespielt?

Buddy: Ja, bis auf die komplexen Gitarren- und Piano Teile.

Testspiel.de: Wer hat Dir aus Deinem Umfeld maßgeblich Feedback zu den Songs gegeben?

Buddy: Hauptsächlich Uwe von Nobelpenner. Auch ne‘ Hamburger Band, sehr gutes Album (Anmerkung der Redaktion: „Meinten Sie Nibbelpeter“), leider ein wenig untergegangen, aber sehr, sehr gut. Uwe ist mein schärfster Kritiker und auch mein bester Kompagnon. Mit ihm mache ich auch die ganzen Videos. Wenn man die ganze Zeit alleine vor sich hinbastelt und auf dem Material hockt, dann verliert man auch irgendwann den Abstand. Ich schicke ihm immer die ganzen Layouts und hole mir Feedback von ihm. Oder halt Jansen.  (Anmerkung der Redaktion: Dr. Jansen, der Pianist) Das ist der engste Kreis.

Testspiel.de: Bei Deichkind bist Du unter anderem ausgestiegen, weil ihr euch eigentlich mit jeden Album neu erfinden wolltet. Was kommt bei Buddy Buxbaum als nächstes? Reihst Du Dich bei Max Herre und Denyo ein, die nach ihrem Ausflug wieder Rap gemacht haben?

Buddy: Komischerweise gibt es jetzt nach den sieben Jahren endlich wieder einmal ein paar Raps die mich kicken, und wo ich Bock bekomme zu rappen. Das ist immer so das Zeichen, wenn Du was hörst und Du denkst „Okay, ran an den Speck und Song machen“. Das kann durch einen Steely Dan Song passieren, das kann durch einen Al Green Song passieren, das kann aber auch durch einen Haftbefehl Song passieren, der jetzt nicht unbedingt meine Sparte ist, aber unterm Strich ist es immer derselbe Impuls.

Testspiel.de: Wer sind konkret Deine Impulse?

Buddy: Das sind die Jungs die auch auch für die Remixe angefragt haben. Dexter, sein ganzes Umfeld bei MPM (Anmerkung der Redaktion: Melting Pot Music), Fatoni finde ich lustig, Luk&Fil finde ich richtig gut. Das sind ganz junge und schlaue Füchse mit Madlib Beats, völlig unkommerziell, die kicken mich. Dendemann ist ja auch wieder am machen. Ich bin gespannt in welche Richtung er jetzt weitergeht.

Testspiel.de: Ist er?

Buddy: Schon länger und soll jetzt endlich mal rauskommen.

Testspiel.de: Ich sehe ihn immer nur bei Böhmermann.

Buddy: Ja, genau und das ist hoffentlich der Katalysator, dass er seinen Kram fertig bekommt.

Testspiel.de: Wie bleibst Du am Ball?

Buddy: Ich bin ein Input Junkie. Bei mir läuft immer Musik. Darüber hinaus habe ich eine gute Facebook Timeline mit ganz gezielt ausgesuchten Freunden. Die ist ein ziemlich guter Filter in dem neue und gute Sachen automatisch aufpoppen. Andererseits habe ich das moderne Ding ja nie verlassen. Ich bin z.B. ein großer Siriusmo Fan, obwohl ich kein Elektrohammer bin, aber er produziert echt – Achtung Unwort –  seelige Beats, die alle mit einer tierischen Ästhetik grooven.

Ich bin immer auf der Suche auf dieses neu trifft alt Ding und bin in den letzten Jahren aber mehr auf deutsche Originale gegangen. Ich habe mir Ost-Funk angehört, Holger Biege und Manfred Krug und das ganze Umfeld von den Songwritern, die damals Funk gemacht haben. Für mich ist auch – sagen wir mal klischeemäßig –  ein Rio Reiser mit seinen langlebigen Songs ein besserer Input für das Songwriting als ein Tatwaffe oder Kollegah.

Testspiel.de: War das schon immer so oder kam das im Laufe der Jahre?

Buddy: Diese Rückentwicklung ist, glaube ich, ganz normal. Man geht immer weiter in den Jahrzehnten zurück und erforscht den Ursprung. Das ist auch eine Workaholic Krankheit als Produzent. Man schafft sich so viele Samples und lernt die ganzen Genres kennen. Irgendwann hast du alles abgefrühstückt und weißt wie ein klassisches Dub oder Reggae Feel geht oder was ein Funk Drumming ist.

Für mich sind vom musikalischen Aspekt auch eher Bluegrass oder Delta Blues als moderne Produktionen wie von Drake und Co. interessant. Ich weiß, wie das funktioniert, die gab es früher auch schon, nur jetzt sind sie gerade hip, aber kicken tun die mich nicht. Mich kicken eher The Band, die die Beatles gehört haben oder die Avett Brothers. Ich war eigentlich auch schon immer genreübergreifend unterwegs. Auch als Deichkind haben wir uns ja ziemlich schnell aus der HipHop-Szene verabschiedet. Das möchte ich mir auch beibehalten und das Album ist auch eher so ein Crossover Ding.

Testspiel.de: Du hast noch keine Konzerte angekündigt?

Buddy: Nein, es entwickelt sich alles peu à peu und ohne Erfolgsdruck und diesen Chart-Maßstab, der mich auch ein bisschen abgetörnt hat in den letzten Jahren. Alles ist nur noch auf Masse und zielgenaues punktlanden ausgelegt. Das hat nichts mit Musik zu tun.

Testspiel.de: Ist eine Tour geplant?

Buddy: Ja, es ist gerade alles in Planung. Für dieses Jahr sind noch fünf Gigs mit den Ruffcats geplant und im Januar dann wahrscheinlich ein Tourblock.

Testspiel.de: Wie hast Du die Ruffcats gefunden?

Buddy:  Durch Zufall. Ich hab‘ sie mir als Ruffcats und nicht mit einem Frontsänger angeguckt. Ich war total begeistert.  Das war ein richtig geiler Abend im Kleiner Donner in Hamburg an dem die Jungs voller Inbrunst ihr Ding durchgezogen haben, obwohl auch nur 100 Leute oder so dort waren. Man hat gemerkt, dass sie für ihre Musik leben, dass sie vor allem auch so vielseitig sind. Ich kenne zwar genug Mucker, aber die zu einer Truppe zusammenzuwürfeln, die meinen Kram übersetzt, ist halt ne‘ riesen Baustelle. Deswegen habe ich eher nach einer eingeschworenen Truppe geguckt, die sich blind versteht und so offen wie möglich ist und nicht nur HipHop übersetzt sondern auch Country. Boti (Anmerkung der Redaktion: Botond Ikvai Szabó) z.B. spielt auch Pedal-Steel-Gitarre, was geil ist, weil bei mir auch ein paar Slide-Gitarren mit dabei sind. Sie mögen auch Country-Chöre. Insofern ist es perfekt.

Apropos live: Buddy tritt mit „Termin im Park“ für Mecklenburg-Vorpommern beim letzten Bundesvision Song Contest 2015 mit Stefan Raab an. Für Meck-Pomm deshalb, weil sich seine Familie auf der deutschen & polnischen Seite von Usedom niedergelassen hat. Sein Management hat sich mit dem Indie-Act Buxbaum beim BuViSoCo beworben und Stefan Raab war begeistert von der Nummer. Zwischenzeitlich wollte Buddy noch auf „Hulahub“ umsatteln,  aber Stefan Raab wollte unbedingt „Termin im Park“.

2004 ist Buddy übrigens schon einmal gemeinsam mit Deichkind beim 1. BuViSoCo für Meck-Pomm angetreten. Damals belegten sie mit „Electric Super Dance Band“ den letzten Platz, den sie sich mit Sandy von den No Angels teilen durften. Auf  YouTube findet man noch das leicht durchgeknallte Vorstellungsvideo mit jeder Menge Helium.
Ein aktives Deichkind Mitglied tritt auch beim BuViSoCo auf. Die Rede ist von Ferris MC mit „Monstertruck“ für Hamburg.

Selbst wenn der „Fremdkörper“ Buxbaum, wie er sich selbst bezeichnet, auch solo wieder den letzten Platz belegen sollte, was wir nicht glauben, wird er sicherlich viele Sympathiepunkte sammeln und neue Hörer gewinnen. Verdient haben er und sein Album es auf alle Fälle.

„Unkaputtbar“ ist am 14. August bei Holo Rec erschienen. Von dem Album gibt es auch eine ziemlich nice „7×7″³ BOX (D.I.Y. DELUXE)“, jede Ausgabe ein Unikat und auf 555 Exemplare limitiert.

„Ukaputtbar“ Albumstream

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