Clueso ist auf Clubtour. Auf dem Kiez in der Großen Freiheit präsentiert er das neue Album „Neuanfang“. Lässig kommt Clueso singend auf die Bühne, ganz so als wär es ein privates Wohnzimmer. Und genau so wird er auch empfangen. Mit Applaus, die Menge freut sich, so wie man sich freut, wenn man einen alten Freund endlich wieder sieht. „Man merkt, wenn das geil wird und das hier wird richtig geil“, begrüßt er Hamburg.
„Erschöpft und aufgewühlt zugleich“, hat er sich nach der letzten Tour gefühlt. „Nimm das. So wütend und hilflos klingst du nie wieder“, sich gesagt, als er die ersten Texte und Akkorde bastelt. Eigentlich perfekter Stoff für ein neues Werk. Von dem es heisst „(…) mit einem Sound, der etwas schmutzig und spontan ist! Das Album ist teilweise auch eine Rückkehr zu seinen HipHop-Wurzeln. Soul hatte Clueso schon immer. Das alles spürt man jetzt noch mehr: Gospel, Chor und Bläser – ein Album wie eine 7inch-Jukebox.“
Mich hat „Neuanfang“ bisher allerdings nicht überzeugt. Zu seicht der Sound, die Texte holen mich nicht ab. Eins steht hier allerdings schon ab Minute eins fest: live ist alles anders. Intensiver, druckvoller als es das Album schafft zu transportieren. Energie liegt in der Luft, die ich dort vermisse.
Der erste Song „Neuanfang“. Der harte Kern, Clueso Anhänger erster Stunde kennt den Text schon, als wär es ein alter. Es folgen neue Songs, die Band spielt sich warm und durchs neue Repertoire. Ich warte auf einen Kracher, der die Halle toben lässt. Ich muss ein wenig warten, auf „Freidrehen“. Das Publikum singt und tanzt, soweit es die Masse an dicht an dicht stehenden Körpern zulässt, der Sound wabbert durch die Boxen, Clueso dreht bis zum Höhepunkt ordentlich auf. So gefällt mir das. Den anderen wohl auch. Die Menge fordert ihn heraus, will Lieblingssongs hören. Clueso beschwichtigt: „…das wichtigste ist, dass Du Dich ersma beruhigst“. Humor hat er also auch. Das deutsche Duett „Wenn Du liebst“ mit Kat Frankie ist deshalb schon nicht selbstverständlich, weil sie eigentlich nur englisch spricht.
Zwei Mädels in der ersten Reihe sind hin und weg. Die schauen so entzückt, dass ich grinsen muss. So sehen verliebte aus. Ist ja auch ein Liebeslied.
Die schöne Große Freiheit war voll von Emotionen, sobald der Junge auf der Bühne stand. Bemerkenswert. Und genau der Spirit, wie er nur auf Konzerten zu spüren ist. Clueso ist also immer ein Live-Gig wert, selbst wenn einem das aktuelle Werk mal nicht 100% passt.
Clueso ist auf Tour – aktuelles Album „Neuanfang“ / Vertigo Berlin (Universal Music)