StartKritikenCro - Tag Am See am 07.06.2014 in Konstanz (Konzertbericht)

Cro – Tag Am See am 07.06.2014 in Konstanz (Konzertbericht)

Eigentlich kann man ein Cro Album kaum besser präsentieren: den Bodensee im Hintergrund, perfektes Wetter und kalte Getränke. Und weil dem so ist, haben Chimperator und Red Bull die Veröffentlichungsparty des zweiten Cro Albums „Melodie“ genau so geplant. Auf dem Album gibt es wieder Musik, die perfekt für den entspannten Abend am Baggersee geeignet ist. Das Wetter spielt schon mal den ganzen Tag über mit, bis zum geplanten Beginn um 20:00 Uhr in Konstanz; man ist aber durchaus gespannt, wie Cro die beiden vorangegangenen Konzerte in der Schweiz und in Österreich weggesteckt hat – gerade angesichts früherer, eher mittelmäßiger Leistungen auf der Bühne.

Aber erstmal sind sowieso Lary und Genetikk dran. Erstere höre ich nur im Backstagebereich, der direkt an den Bodensee angrenzt. Erstaunlich ist, das einige Kinder Zutritt zu diesem Bereich haben; offensichtlich gibt es viele junge „Friends Of Red Bull“, die mal Backstage Luft schnuppern wollen. Im Vergleich zu früheren Konzerten des Rappers hat man jedoch das Gefühl, dass Cro immer mehr zur Angelegenheit für die ganze Familie wird, von ganz jung bis ziemlich alt.

Pünktlich zu Genetikk geht es dann aber auch für mich vor die Hauptbühne. Hadnet Tesfai, die die Veranstaltung moderiert, verlegt den Auftritt mit ihrer Ansage fünf Minuten nach hinten, danach werden aber keine Gefangenen gemacht. Mit obligatorischem Fokus auf das Material von „D.N.A.“ bemühen sich Genetikk, die Köpfe zum Nicken zu bringen. Eröffnet wird mit „Champions“, kurz darauf folgen „D.N.A.“ und „Lieb’s Oder Lass Es“ und irgendwann kommt auch noch „König Der Lügner“. Was im letzten Jahr manchmal noch ein bisschen gewackelt hat, sitzt jetzt immer besser live. Genetikk haben sich zu einer wuchtigen Crew entwickelt, mit jeder Menge Hits im Gepäck.

Der Zeitplan hingegen wackelt mittlerweile ziemlich gewaltig, man fragt sich ob der Veranstalter das angepeilte Ende um 22:00 Uhr einhalten kann (was angesichts der zahlreich angereisten jungen Menschen durchaus ratsam wäre). Um 20:15 betritt dann die Band die Bühne, legt mit „I Can Feel It“, dem Intro des aktuellen Albums los, als plötzlich alles abgebrochen wird. Zuvor war schon gemunkelt worden, Cro würde nicht einfach so auf die Bühne kommen, sondern ganz besonders auftreten. Gemeinsam mit der Band startet Hadnet Tesfai anschließend ein viertelstündiges Rätselraten um Cros Verbleib, das man sich auch hätte schenken können. Bald ist die Katze nämlich aus dem Sack: der Rapper springt aus einem Helikopter und landet irgendwo vor dem Gelände, um dann eine halbe Stunde nach angesetztem Konzertbeginn begleitet von Securities zu den Klängen von „I Can Feel It“ durch die 5.000 Kopf starke Menge zu schreiten.

Angesichts dieser Leistung munkelt man von Playback, doch im Grunde gibt es dafür kein Anzeichen, und selbst wenn: immerhin sitzt das Ganze. Statt der üblichen Maske gibt es dieses Mal eine Art Ganz – Kopf – Pandamütze, die an Frank Oceans Kopfschmuck im „Swim Good“ Video erinnert. Zunächst mal ist man froh, dass das Schmierentheater zu Ende ist und erfreut sich an dem Hitfeuerwerk, das hier abgebrannt wird. „Hi Kids“, „Einmal Um Die Welt“, „Du“, angereichert um den neuen Hit „Meine Gang (BANG BANG)“, zu dem sich auch Dajuan auf die Bühne begibt.

Anschließend dominieren neue Songs die Setlist, Carlo bringt aber alles sauber rüber. Psaiko Dino gibt hie und da den Backup, allzu grob muss hier aber niemand eingreifen. Die Ansagen sind natürlich Balsam für die Seelen der Masse, aber immerhin wirken sie angenehm routiniert und nicht ganz so ziellos wie früher. Wo dem Rapper dann auch mal gerne live die Puste ausging, weiß er heute besser mit seiner Energie zu haushalten. Warum jetzt allerdings gerade die schwächeren neuen Songs „Bad Chick“ und „Hey Du“ gespielt werden müssen, bleibt nebulös. Der Rest des regulären Sets setzt auf die sichere Bank: mit „Lange her“ gibt es einen Song aus dem „Sunny“ Mixtape, „Whatever“ darf als Single nicht fehlen und „King Of Raop“ dient als letzte Erinnerung an das vergangene Album.

Nach dem gelungen Update von „Wir Waren Hier“ verlässt Cro nach gerade mal dreizehn Songs die Bühne. Natürlich gibt es eine Zugabe, natürlich gibt es „Easy“, bei dem Sam, Dajuan und Lary jeweils einen Part beisteuern dürfen, bevor Carlo die Bühne betritt und wie immer große Teile das Publikum rappen lässt.

Natürlich gibt es auch den aktuellen Hit „Traum“, die durch die Übergabe einer Goldenen Schallplatte für die Single eingeleitet wird. So weit, so klar. Aber welche Hits soll der Mann jetzt noch spielen? Die Antwort: gar keine. Er feuert (im wahrsten Sinne des Wortes) „Rockstar“ in die Menge, einen der stärksten Songs in seinem Repertoire, und verschwindet dann nach ca. einer Stunde Spielzeit von der Bühne, um halb zehn ist also schon Schluss.

Bedenkt man die beiden vorherigen Konzerte und den schlanken Preis der Veranstaltung, kann man die Länge durchaus verschmerzen, gerade im Hinblick auf die ordentliche Leistung Cros und die Atmosphäre des Abends, selbst wenn man sich die ein oder andere Spielerei  hätte verkneifen können. Alles in allem muss man Cro aber auf jeden Fall attestieren, seit „Raop“ deutlich gewachsen zu sein. Waren seine Konzerte vor zwei Jahren meist noch ein zweifelhaftes Vergnügen, kann er nun der großen Bühne mit seinen Songs und seiner Präsenz durchaus gerecht werden; wobei See, sonniges Wetter und Kaltgetränke am Tag Am See sicherlich nicht von Nachteil waren. Vielleicht sollte er diese Kombination in Zukunft immer dabei haben.