Eins muss man ihnen lassen: PUP bestätigen das Klischee, dass Kanadier einfach nette Menschen sind. Die Pop-Punk Band aus Toronto geht seit knapp zwei Jahren auch international steil durch die Decke. Die Mischung aus schnellem Punk, einfachen Mitgröhl-Parts und Texte über die Probleme in den Selbstfindungsjahren findet großen Anklang. Vor einem halben Jahr kam ihr gefeiertes zweites Album „The dream is over“ raus, das die vier Kanadier auch in Deutschland schlagartig bekannt machte. Ich traf Sänger Stefan vor dem Konzert in der Molotow Skybar in Hamburg zum Gespräch. Wir redeten (natürlich) über Donald Trump, Probleme der Millennial-Generation, die kanadische Musikszene und das unterschätzte Medium Musikvideo.
Ihr wurdet vom Billboard Magazine als die höflichste Band im Pop-Punk bezeichnet. (Stefan lacht) Ist das nicht ein wenig kontrovers zum Geiste des Punks?
Stefan: Ich denke nicht. Wir sind Kanadier, wir sind immer höflich. Deutsche sind sehr direkte und ehrliche Menschen. Kanadier sind überhaupt nicht so. Wir sind sehr indirekt, höflich, versuchen um den heißen Brei drum herum zu reden. Aber ich denke nicht, dass es den Geist des Punks irgendwie im Weg steht. Die Idee ist doch einfach: die ganze Zeit zueinander nett zu sein. Wenn Menschen etwas machen, dass Dich anpisst, solltest Du vielleicht was sagen. Aber wenn sie nichts machen, versuch Dir so viele Freunde wie möglich zu machen. (lacht)
Zurzeit ist viel in Nordamerika los, Stichwort Trump. Sollten jetzt nicht wieder wütende Zeiten in der Musik anbrechen?
Stefan: Klar. Es gibt eine Menge Sachen, auf die man wütend sein kann. PUP ist keine politische Band, auch wenn wir alle unsere politischen Einstellungen haben. Aber die Texte sind unpolitisch, vielmehr sind sie einfach persönlich. Uns Kanadier betrifft der Scheiß noch nicht so krass, der gerade in den USA abgeht. Zum Glück. In Kanada sind die Menschenrechte am Leben, es herrscht nach wie vor viel Solidarität. Hoffentlich kommen wir alle gemeinsam gut durch und machen weiter.
Das hoffe ich auch. Deutschland ist natürlich ein bisschen anders betroffen als Kanada, aber auch hier sind die Medien voll mit Trump.
Stefan: Ja, es ist echt hart das in Echtzeit mitzuerleben. Ich will auch nicht so viel über Politik reden, aber es gibt ein paar Dinge, die er schon verändert hat in Richtung Menschenrechte, die hoffentlich vom nächsten Präsident wieder ins richtige Licht gerückt werden. Aber er richtet auch großen irreparablen Schaden an. Die Wirtschaft in den USA kann nicht einfach so schnell und simpel verändert werden. Ein beschissenes politisches Oberhaupt kann so viel für immer zerstören.
Klar, davon kann man in Deutschland ein Lied singen.
Stefan: Ja, total (lacht)
Aber hoffen wir einfach, dass es nicht so weit kommt. (Stefan stimmt zu) Genug Trump. Ich hab Euch vergangenes Jahr während des Reeperbahnfestivals im Grünen Jäger zum ersten Mal gesehen. Eine sehr intensive und schweißtreibende Show. Wie habt Ihr den Abend erlebt?
Stefan: Das war unser zweites Mal in Hamburg. Wir hatten eine großartige Zeit. In kleinen Venues ist es immer witzig. In Nordamerika ist für uns mittlerweile alles ein bisschen größer, aber hier können wir in so kleinen Räumen spielen. Die Leute stehen direkt vor Dir und die Energie ist intensiver. Unser erstes Mal in Hamburg war im Februar 2016, also fast ein Jahr her. Es braucht immer ein paar Songs, bis sich die deutschen Zuschauer aufgewärmt haben. Beim ersten Konzert vor einem Jahr waren wir richtig unbekannt, jetzt ist es schon viel besser. Diese Tour ist fast komplett ausverkauft, das ist super und wir haben richtig viel Spaß.
Du sagtest, dass es hier intimer ist, weil Ihr in Nordamerika größere Venues füllen könnt. Welche Shows hast Du lieber?
Stefan: Es ist unterschiedlich. Vor einem großen Publikum zu spielen ist super, aber auch die kleinen Räume mit wenig Leuten sind geil. Wenn es richtig heiß und feucht wird. Ich finde beides gut und freue mich, bald wieder nach Europa zu kommen und die kleinen Venues zu spielen. Das ist unsere erste Headline-Tour in Europa, unsere Erwartungen sind niedrig. Aber bis jetzt ist es großartig und ich bin sehr glücklich.
Du sagst, PUP ist etwas sehr persönliches. Auch Deine Texte sind sehr persönlich. Gab es Reaktionen von Freunden und Verwandten, die teils in den Texten thematisiert werden?
Stefan: (lacht) Meine Freundin hasst es. Aber sie lernt, damit klarzukommen. Sie muss ja (lacht) Als das Album erschien, kam ein Freund auf mich zu, der sich gerade erst das Album angehört hat. Er meinte: „Das ist verrückt, ist Dir das nicht unangenehm, dass so viele Leute Zeug über Dich wissen?“ Aber ich habe darüber nie nachgedacht, bis das Album wirklich rauskam. Für mich war es ein Prozess, das Erlebte in Texten niederzuschreiben. Aber ich denke lieber nicht drüber nach, dass viele Leute persönliches über mich wissen (lacht) Aber für mich ist es die einzige Art, Musik zu schreiben. Ehrlich mit sich selbst und anderen zu sein. Menschen können es der Musik anhören, wenn sie nicht ehrlich ist. Sie spüren, wenn Du lügst oder Sachen fakest.
Du hattest 2016 große Probleme mit der Stimme, fast wäre PUP daran zugrunde gegangen. Ist das auch etwas, was Du in Texten verarbeiten willst?
Stefan: Vielleicht. Das Problem mit meiner Stimme hat mich sehr frustriert. Frustration steckt oft in den Songs. Vielleicht werde ich nicht explizit darüber schreiben, sondern generell über Dinge, die mich manchmal frustrieren. Aber das bringt auch das Touren mit sich, da die negativen Dinge manchmal mitkommen. Ich muss extrem auf meine Stimme achten, kann nicht so viel Party machen. Ich sehe meine Freunde nicht, schlafe auf dem Boden. All diese Dinge produzieren automatisch mehr Songs, weswegen man wieder öfter auf Tour geht, woraus ein Kreislauf aus richtig großartigen und beschissenen Dingen entsteht.
Du schreibst vor allem auch über Probleme, die in der Millennial-Generation häufig verbreitet sind. Das sagt ja auch der aktuelle Albumtitel „The dream is over“, der ein Zitat von der Ärztin war, die Deine Stimmprobleme diagnostiziert hat. Wie soll man damit umgehen, wenn der Traum vorbei ist?
Stefan: Auf dem Album geht es oft darum, wie man solche Prozesse und Ereignisse durchlebt. Was es bedeutet, Träume aufzugeben. Man muss einfach weitermachen, das Beste geben, viel nachdenken. In den vergangenen Jahren habe ich oft gelernt, wie sich Träume, Ziele und Hoffnungen verändern. Und das ist ok. Es wird halt meistens nicht so, wie Du es Dir mit 14 Jahren erhofft hast. Du bekommst eine schärfere Sicht auf das Leben, wie alles funktioniert. Und da musst Du das beste draus machen, dann wird es ok werden. Wahrscheinlich nicht, aber vielleicht doch. (lacht)
Man hat ja auch keine andere Wahl als abzuhaken und weiterzumachen. Ich hab oft in Artikeln gelesen, dass in Kanada eine große Musikszene am Start ist. Wie empfindest Du das?
Stefan: Ja, total. Wir haben viele geile Bands am Start. Metz, Fucked Up, The Flatliners. The Dirty Nil. Auch viele neue Generationen an Bands, die die Welt hören sollte. Single Mothers, die schon öfter in Europa waren. Viele gute Bands kommen auch aus Toronto, wo wir herkommen. Da passiert gerade sehr viel gutes Zeug.
Eure Musikvideos sind richtig gut, vor allem „Mabu“, in dem Du Dein Auto im Demolition Derby schrottest. Warum tretet Ihr in den meisten Videos oft selbst auf? Kam der Impuls von Euch?
Stefan: Gute Frage. Wir tauchen nicht in allen auf und versuchen auf, nicht allzu oft in ihnen aufzutreten. Aber besonders „Mabu“ ist über mein Auto. Ich musste den Song und dieses Video einfach machen. Das war der größte Spaß, den ich jemals mit der Band hatte. Das Auto schrotten, bemalen, es im Derby zu Schrott fahren. Videos sind für uns da, um auch eine andere Seite der Band zu zeigen. Eine spielerische Seite, die vielleicht manchmal in der Musik fehlt. Dinge zu sagen, die man auf einer anderen Ebene mitteilen muss. Spaß haben und was anderes probieren. Den kreativen Muskel trainieren.
Für mich waren Musikvideos in meiner Jugend sehr wichtig. Ich habe oft MTV und Co. geschaut, als es noch im Fernsehen lief und vor allem gut war. In den vergangenen Jahren sind Musikvideos fast verschwunden, waren nicht mehr so wichtig.
Stefan: Ja total, in Nordamerika war das auch so.
Warum nur?
Stefan: Keine Ahnung Mann! Das frage ich mich auch. Ich denke nicht, dass sie fast verschwunden sind, der Zugang hat sich nur verändert. Die Zeiten von Musikvideos im TV sind vorbei, Du musst inzwischen schon proaktiver sein und Dir Deine Bands raussuchen. Das ist natürlich cool für uns, weil es mehr Menschen gibt, die uns entdecken. Wir müssen nicht mehr im TV oder im Radio sein, um bekannt zu werden.
Aber denkst Du, dass Musikvideos wieder stark im Kommen sind oder warum steckt Ihr so viel Mühe rein?
Stefan: Weil sich viele Menschen die Videos anschauen. Wir haben viele Videos mit 800.000 Views und sowas konnte man im Fernsehen eh nicht ganz ausrechnen. Musikvideos sind einfach auch eine gute Art, mit den Fans eine Verbindung aufzubauen. Wenn Du zwei Jahre an einem Album schreibst und es rauskommt, dann hast Du erstmal kaum noch kreative Aufgaben auf Deiner Liste stehen. Da kann man ja auch Musikvideos machen und versuchen, Fans auf eine andere Art und Weise zu erreichen. Außerdem macht es so viel Spaß, die Videos zu drehen.
Ich liebe das Video zu DVP. Es erinnert mich stark an meine Kindheit und all die Videospiele, die ich damals gespielt habe. Wer hatte die Idee dazu?
Stefan: Ich liebe es auch. (grinst) Das war unser Freund Jeremy, er macht alle Videos für uns. Er ist sowas wie das fünfte Mitglied von PUP. Er war auf der Filmschule, nach seinem Abschluss war sein erstes Projekt das Video zu „Reservoir“, das auch unser erstes Musikvideo war. Wir sind so gute Freunde und arbeiten gerne zusammen. Das Video zu DVP war komplett seine Idee. Er erzählte uns davon und wir sollten Szenen aus unseren Lieblingsspielen aus unserer Kindheit zusammenstellen und er würde sich um den Rest kümmern. Er ist großartig und hat ein super Video abgeliefert!
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