Das Geschäft mit Musikstreaming boomt. So erwartet z.B. der Musikstreaming-Dienst Spotify bis Ende 2021 402 bis 422 Millionen Nutzer und 172 bis 184 Millionen zahlende Abo-Kunden sowie einen Jahresumsatz zwischen 9,11 und 9,51 Milliarden Euro. Dennoch viel der Gewinn beim schwedischen Dienst bisher gering oder gar ganz aus. Aber im ersten Quartal 2021 fiel immerhin schon ein Quartalsgewinn von 23 Millionen Euro an. Spotify-Günder Daniel Ek jedoch ist inzwischen schon längst Milliardär und gerade in den Schlagzeilen, weil er an die Übernahme vom FC Arsenal denkt. Auch für die Aktionär*innen hat sich das Investment in Spotify seit dem Börsengang in 2018 gelohnt. Der Kurs hat sich immerhin mehr als verdoppelt. Und auch die großen Labels, die Anteile von Spotify haben und Einfluss auf das Geschäftsmodell haben dürften, verdienen gut am Musikstreaming.
Aber wie schaut es mit den Künstler*innen aus? Was kommt bei ihnen an?
Bei den Musiker*innen kommt das Geld meistens nicht an. Gut ein 1/3 Cent werden bei Spotify pro Stream ausgeschüttet. Die Auszahlung erfolgt aber nicht per Stream, sondern per Marktanteil. Hierzu werden die Einnahmen werden in einen großen Topf geschmissen und je nach Anteil verteilt, den jemand an den gesamt Streams hat. „Pro Rata“ nennt man das.
Tracks trifft in „Was passiert mit den Streaming-Milliarden?“ Künstler*innen und Vertreter*innen des Business‘, um der Ungerechtigkeit auf den Grund zu gehen und fragt nach Fluch und Segen der Musikpublikation in der heutigen Zeit und spricht unter anderem mit Balbina.
Juse Ju bezieht sich in seinem Video „Die Krux mit dem Streaming“ auf den Tracks-Beitrag und geht näher auf das Bezahlmodell „Pro Rata“ und die Alternative das „User-Centric-Payment-System“, kurz UCPS, ein, das laut Spotify keine Alternative ist, aber z.B. von Deezer schon angeboten wird, jedoch von den Majors bisher nicht unterstützt wird.
Was können wir als Hörer*innen tun, damit unser Geld bei unseren Lieblingskünstler*innen ankommt?
Am Ende stellt ihr euch sicherlich auch die Frage, wie man seine Lieblingsband oder Lieblingskünstler*in am besten unterstützt. Juse Ju beantwortet die Frage in den YouTube-Kommentaren so: „Am meisten bringt mir tatsächlich der klassische Platten, Ticket oder T-Shirt Kauf.“
Und genau das solltet ihr – insbesondere bei den kleineren Musiker*innen eurer Wahl – auch so machen!
Arte TRACKS: Was passiert mit den Streaming-Milliarden?
https://www.youtube.com/watch?v=Kqlc8LUEq00
Wir sind auf der „Justice at Spotify“ Demo mit der Union of Musicians and Allied Workers (UMAW), wir reden mit Balbina über das ungerechte System der Spotify-Algorithmen, die Künstler*innen bevorzugen, die am meisten der Plattform dienen. Außerdem haben wir zwei BTS-Fans besucht, die uns erklären, wie sie ihre Idols mit gezielten Streaming-Aktionen unterstützen und dabei aufpassen müssen, dass sie nicht von Spotify oder YouTube als Bots wahrgenommen werden.
Juse Ju: Die Krux mit dem Streaming
Im Moment geht ein super guter Beitrag von Arte TV zum Thema Verteilungs-Ungerechtigkeit im Streaming rum.
Schaut den unbedingt an. Als Musiker und Label in Personalunion kann nur bestätigen, was der Bericht sagt: Das aktuelle Streaming Business ist ein Umverteilungssystem von Klein zu Groß.
Zum Thema: Wie viel Geld bekomme Ich für einen Stream. Im Schnitt sind es etwa 0,003 Euro also nen 1/3 Cent pro Stream. Die Auszahlung erfolgt aber nicht per Stream, sondern Marktanteil. Die Einnahmen werden in einen großen Topf geschmissen und je nach Anteil verteilt, den jemand an den gesamt Streams hat. Und weil die Einnahmen natürlich von Monat zu Monat variieren gibt’s auch nicht immer dasselbe pro Stream. Es gibt quasi keinen Festpreis und das ist wichtig, um das ganze System zu verstehen.
Spotify und YouTube zahlen weniger pro Stream als andere.
Warum? Das liegt an deren Größe. Spotify ist Marktführer. In meinem Fall ist Spotify für ca. 80% aller Streams verantwortlich. Spotify erklären selbst auf ihrer neuen Site Loud & Clear, warum sie weniger pro Stream bezahlen. Erstens: Spotify User hören im Schnitt einfach mehr Musik. Mehr Traffic pro User verkleinert den Share. Und Zweitens Spotify hat mit Abstand die meisten User und damit auch die meisten Free User – knapp die Hälfte alles Spotify User.Spotify argumentiert, dass sie die Hälfte der Accounts verschenken sei aber gut für alle. Denn die Free User wollen ja eh nix für Mukke zahlen aber so kann man sie trotzdem erreichen.
Was Spotify auf Loud & Clear nicht schreibt ist, dass natürlich auch die gehakten Fake-Streams von Kai und den vielen anderen Kais da draußen, auch bezahlt werden müssen aus dem Gemeinschaftsmoney.
Wenn ein All you can eat Buffet die Hälfte der Leute für umme essen lässt, muss die andere Hälfte die Fresslaune dieser Menschen eben mit bezahlen.
Und noch eine Sache bleibt unerwähnt: Die Streamingdienste behaupten so Stolz, dass sie das Geld fair verteilen. 2/3 der Kohle ginge ja raus an die Labels, Künstler, Vertriebe usw. ABER sie selbst lenken durch Playlisten und durch ihren Algorithmus, was wieviel gehört wird. Es ist ja nicht jeder gleich vor Spotify. Spotify bestimmt maßgeblich mit wer gewinnt und verliert.
Und laut dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel kommt in Zukunft noch ein Aspekt dazu: Labels können bald Song-Platzierungen bei Spotify kaufen.Um es auf den Punkt zu bringen: Bezahlst du 10Euro im Monat für ein Abo, bezahlst du quasi nicht für die Musik, die du hörst, sondern für das Gesamtsystem Musikindustrie – und die bestimmt dann, was mit deinem Geld passiert.
Der Lösungsansatz: Das User-Centric-Payment-System, kurz UCPS. Das hieße, dass deine Abo-Gebühren nur an die Künstler gingen, die du auch gehört hast.
Auch darüber schreibt Spotify etwas auf ihrer Plattform Loud & Clear. Sie zitieren dafür genau eine Studie des Centre National de la musique aus Frankreich. Und in der steht:
„Über die 10.000 am meisten gestreamten Künstler hinaus würden– alle Musikgenres kombiniert – die Auswirkungen eines Übergangs zum UCPS maximal einige Euro betragen.“
Hm, klingt ja erstmal so: Es würde sich gar nix ändern. Aber dann wurde ich stutzig. Was soll denn dieser Satz: Alle Musikgenres kombiniert? Heißt das man wirft wieder alle in einen Topf? Dann bleibt die Geldmenge gleich, klar. Über den einzelnen Künstler sagt das dann ja sehr wenig. Aber es geht doch gerade darum, dass die verschiedene Künstler verschiedene Hörer mit verschiedenem Hörverhalten haben.
Und tatsächlich. Ich hab die Ergebnisse der Studie, die Spotify hier zitiert gelesen und schon ein Absatz später wird klar: Das UCPS würde sich sehr wohl etwas ändern.
„Eine Änderung zum UCPS könnte eine signifikante Umverteilung zwischen Genres mit großem Publikum bewirken, zum Nachteil von Rap und zugunsten von Rock und Pop.“
Also wie jetzt? Dann würde ja doch Geld anders verteilt … Ich dachte, es bliebe alles gleich im UCPS… wohl doch nicht. In diesem Satz der Studie steckt ja: Ein Gerne wie Rock wird anscheinend sehr wohl benachteiligt und hätte mehr Fairness mit dem UCPS.
Unerwähnt lässt Spotify auf ihrer Seite auch folgenden Abschnitt:
„Das UCPS Modell würde die Auswirkungen von Betrug reduzieren, der darin besteht, eine große Anzahl von Streams bereitzustellen […] zum Beispiel durch Klickfarmen.“Jetzt liest sich diese Verkürzung von Spotify aber so, dass sie das nicht einführen wollen. Spotfy also böse böse… Na ja, nein. Spotify kann ja am Ende nichts ohne die Rechteinhaber entscheiden. Also die Major Labels. Ich nehme also an: Die wollen das User Centric Payment-System nicht, ganz einfach, weil sie wahrscheinlich von dem jetzigen System profitieren. Und nicht, weil sie evil sind, sondern weil das für sie wirtschaftlich ist.
Ich hoffe, ich konnte euch damit einen kleinen Einblick in die Wunderbare Welt des Musikgeschäfts geben.
Euer Streaming JU.