Zuletzt hatte ich in Sachen „Musik, die mich geprägt hat“ die Ehre Brendan McHugh von Everyone Everywhere zu interviewen. Von diesem kleinen Erfolg getrieben habe ich noch weitere Artists, die für mich auch in dieselbe Kategorie fallen, angeschrieben. Darunter auch Tommy Walter. Mitbegründer von Eels, Sänger, Songwriter, Komponist, Multiinstrumentalist und für mich vor allem Kopf von Abandoned Pools.
Der Weg dahin dieses Projekt überhaupt kennenzulernen könnte nicht über mehr Ecken und vor allem nicht Zeitgeistiger verlaufen sein. Wer sich an die Anfangszeiten der MP3s erinnert, den sind vermutlich auch die verschiedenen Tauschbörsen dieser Zeit ein Begriff. Man merkt vielleicht schon, dass die Reise gerade nicht in das rühmlichste Kapitel meiner Jugend geht. Worauf ich aber hinaus will ist, dass damals auch gerne Musik einfach falsch – wenn überhaupt – vertagged war und so landete ich anstelle der deutschen Thrash-Metal-Band Abandoned eben bei den Abandoned Pools.
Der Kontrast hätte nicht krasser sein können und doch war ich komplett gehooked. Tommy Walters Indie Rock hatte nämlich immer bitter-süße Smashing Pumpkins-Vibes – dabei immer eher auf der bitteren Seite. „Humanistic“ und „Armed to the Teeth“ werden für mich immer Meilensteine sein – umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich Herrn Walter höchstpersönlich ein paar Fragen stellen konnte, die mir stellenweise schon seit Jahren unter den Nägeln brennen.
Du hast Eels mitbegründet, bist auf Beautiful Freak zu hören, hast dann mit Abandoned Pools weiter gemacht und dazwischen sogar noch ein Album als Oliver the Penguin veröffentlicht. Mittlerweile hast du dich als Komponist für Film-, TV- und Trailer-Musik etabliert – wie siehst du deine eigene Entwicklung als Musiker?
Ich wollte immer so viel machen. In Soundtracks bin ich schon verliebt, seitdem ich ungefähr 6 bin. Später, so mit 10, begann ich mich für Jazz zu interessieren und begann E-Bass zu spielen. Darauf folgte eine Leidenschaft für Waldhörner. Ich habe Komposition, Musiktheorie und Filmmusik studiert und fing dann an mich für Rock zu interessieren. Also habe ich mir eine Gitarre gegriffen und fing an Songs zu schreiben und zu singen. In letzter Zeit steht allerdings das Klavier ganz oben auf der Liste.
Dabei hatte ich aber immer Angst mich zu breit aufzustellen und nicht zu 100% hinter einem Instrument zu stehen. Mittlerweile macht es sich allerdings zum Glück bezahlt, dass ich mich nicht nur für eine Sache entschieden habe. Dadurch bin ich als Komponist sehr viel unabhängiger und ich kann einfach das machen, was ich schon immer gemacht habe. Die neue Herausforderung für mich ist eine Art kindliche Herangehensweise an die Musik zu behalten. Nicht kindisch, aber eben kindlich – sehr wichtiger Unterschied!
Das war in den letzten Jahren mein großes Ziel: Musik so zu produzieren, wie ich es noch nie getan habe, halt eben unverbraucht. Klingt cheesy, aber es hilft ungemein. Die Musikwelt ist ein hartes Pflaster, das einen schnell desillusionieren kann. Geld, Nichtigkeiten, große Egos, Neid. Man muss wachsam bleiben. Ich habe Kollegen gesehen, die sich komplett in genau diesen Dingen verloren haben, nur um Karriere zu machen.
Gab es jemals den Gedanken das originale Eels-Lineup wieder zusammen zu bringen?
Das wurde offiziell nie besprochen und wenn ich ehrlich bin habe ich keine Ahnung, ob das jemals wieder möglich sein wird. Wir Drei (Mark Oliver Everett, Jonathan Norton, Tommy Walter) haben uns letztes Jahr ein paar Mal zum Essen getroffen und hatten Spaß. Die beiden haben immer noch einen festen Platz in meinem Herzen, aber es ist vollkommen okay, dass wir nur noch Freunde sind. Ich denke wir hatten als Trio eine ganz besondere Magie, aber das liegt eben in der Vergangenheit. Was ich aber sagen kann ist, dass ich eine Reunion in Erwägung ziehen würde, wenn ich jemals gefragt werden würde.
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Erstmal genug von deiner Vergangenheit – erzähl bitte etwas über deine aktuellen Projekte.
Ich habe gerade ein Instrumental-Album namens „Supraliminal“ fertiggestellt, dass am 29. Juli erscheint. Meine Freunde von Position Music hier in LA veröffentlichen es. Für das Projekt habe ich Samples von verschiedenen Saiteninstrumenten (Geigen, Bratschen, Celli und Bässe) genommen und so lange verfremdet, bis man kaum noch hören kann, woher die Sounds überhaupt kommen. Wenn man es kategorisieren müsste, würde ich sagen es ist ein Elektro-Album, so wirklich danach klingen tut es aber nicht. Irgendwie ist es natürlicher. Für mich hat es etwas vom Atmen der Wälder. Okay sorry – das klingt jetzt super prätentiös… Ich weiß aber auch nicht, wie ich es sonst beschreiben soll, das ist eben genau das Bild, was ich im Kopf hatte, als ich an dem Album gearbeitet habe.
Ich schreibe gerade außerdem an konventionellerer Musik für Filmtrailer im Stil von John Williams. Er ist einfach der Meister darin fantastische Melodien mit starken Kontrapunkt zu schreiben. Meiner Meinung nach eine aussterbende Kunst. Kontrapunktierung ist etwas, was ich weiter lernen und üben möchte. Ich bin und bleibe eben einfach ein Schüler.
Wie unterscheiden sich die Arbeiten an einem „normalen“ Album und einem Score?
Die Inspiration ist jeweils eine ganz andere. Bei einem Album macht man einfach, worauf man Bock hat. Natürlich gibt es äußere Einflüsse, wie den Druck vom Label oder die Erwartungen von Fans – am Ende trifft man als Künstler aber allein die Entscheidungen. Und das ist eine Art der Selbstverwirklichung.
Mit Filmmusik dient man einem Film, also dem Regisseur. Natürlich geht man auch hier als Musiker ans Werk, allerdings geht es um die Vision des Regisseurs und der ordnet man sich unter. Darin steckt aber auch eine Menge Befriedigung, weil man die Vision von jemand anderen unterstützen kann. Es ist ein fantastischer Weg bisher unbekannte Emotionen und Energien zu entdecken, weil man sich leiten lassen kann. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber als Studiomusiker gehe ich mir selbst schnell auf die Nerven. Manchmal bringt es einfach mehr Spaß in der Welt von jemand anderen die Musik zu spielen.
Etwas, dass im Zusammenhang mit deinem Namen immer wieder auftaucht ist Clone High. Hier in Deutschland war die Serie ziemlich unbekannt. Meiner Meinung nach hat sie aber ihren Kultstatus komplett verdient. Es haben ja aber auch viele talentierte Menschen daran gearbeitet – unter anderem auch du an der Musik. Hast du eine Ahnung, warum die Serie nach nur einer Staffel abgesetzt wurde?
Soweit ich weiß lag das an der Art und Weise, wie der Charakter Ghandi dargestellt wurde. Das führte zu Protesten in Indien. Ich kenne nicht alle Details, aber die Quoten in den Staaten waren ziemlich gut – und dann wurde die Show abgesetzt. Vielleicht konnte sie aus diesem Grund keine größere Zuschauerschaft erreichen. Das ist wirklich schade, aber ich bin auch sehr glücklich, dass Abandoned Pools durch sie ein wenig mehr Aufmerksamkeit bekommen hat. Eine Menge Fans haben die Band nämlich durch Clone High erst kennengelernt. Für mich war die Show immer ein Geniestreich und ein klares Zeichen dafür, was für Karrieren Phil Lord und Christopher Miller (Schöpfer) bevor standen.
Gibt es etwas, dass du dir für deine Projekte gewünscht hast, das dann aber nicht eingetreten ist?
Weißt du, ich bin wirklich dankbar für alle Erfahrungen, die ich in meiner Karriere bisher machen durfte. Natürlich lief nie alles glatt, aber das gehört zum Leben dazu und für diesen Weg habe ich mich entschieden. Ich denke etwas mehr Stabilität hatte mir am Anfang meiner Karriere nicht geschadet. Mehr Pausen zum Durchatmen.
Denkst du, dass Abandoned Pools jemals wieder neue Musik veröffentlichen werden oder ist das Kapitel für dich abgeschlossen?
Abgeschlossen ist es nicht. Ich habe tatsächlich drei Abandoned Pools Songs im Hinterkopf, die ich irgendwann gerne aufnehmen möchte. Das wird vermutlich passieren, wenn ich mal wieder Zeit zum Durchatmen habe. Aktuell gibt es entweder die Arbeit oder Zeit mit meiner Familie verbringen. Dazwischen ist kein Platz für andere Projekte. Wenn ich Abandoned Pools Musik aufnehme, will ich es auch richtig tun und mir die Zeit nehmen, die sie braucht. Es würde vielleicht sogar ein ganzes Jahr brauchen die Songs zu schreiben und dann aufzunehmen. Aber ich habe es immer noch im Blut.