Eins gleich vorweg: Wer sichergehen will, ausschließlich entspannte, friedliche, gutgelaunte und absolut tolerante Leute zu treffen, sollte dringendst ein Tash Sultana-Konzert besuchen. Eine solche Atmosphäre habe ich auf einem Konzert selten erlebt.
Im Raucherbereich der ohnehin schon angenehmen Columbiahalle erwartet mich Festivalstimmung pur: Große Gruppen im Schneidersitz auf dem Boden beim Drehen von Zigaretten (der eine oder andere Joint geht natürlich auch um), Mädchen mit Blumen im Haar und dem Berlin-obligatorischen Turnbeutel und irgendwie alle unbeschwert und gechillt. Das ist schon mal ein guter Anfang.
Aber ich bin ja zum Arbeiten hier – wenn ich mich jetzt dazusetze und mitmache wird das nichts mehr, deshalb begebe ich mich dann doch mal in die Halle, um noch ein bisschen mehr Atmosphäre zu erhaschen und natürlich um Tash nicht zu verpassen.
Tash Sultanas neues Musikvideo zu „Free Mind“
Dort ist die Stimmung fast noch besser als draußen: Der Support der Zwillinge Pierce Brothers aus Australien mit Didgeridoo, Mundharmonika und Gitarren kommt grandios an – für einen solch frenetischen Jubel und Applaus würden so manche Supportacts (eigentlich ja ein eher undankbarer Job) wahrscheinlich ihre Mutter verkaufen.
Es ist also auch kein Wunder, dass dann auch beim Auftritt von Tash Sultana der Saal tobt. Es ist sogar teilweise so laut, dass die Musik kaum rauszuhören ist.
Deshalb werde ich leicht nervös, schließlich hab ich hier einen Job zu erledigen (man will ja zumindest ein bisschen Qualität abliefern) und frage den einen oder anderen offensichtlichen Tash Sultana-Ultra: „Sag mal, weißt Du, wie dieses Lied hier gerade heißt?“.
Die Antworten sind, zusammen mit einem perplexen Gesichtsausdruck, mehr oder weniger immer dieselben: „Häh? Nee, keine Ahnung, ist doch egal, oder?“
Und sie haben Recht. Das ist es irgendwie auch. Denn ein Tash Sultana-Konzert ist kein klassisches Hangeln von Song zu Song, ein Tash Sultana-Konzert ist ein Gesamtkunstwerk.
Looping ist hier das Zauberwort: Tash schafft es als One-Person-Show mit ihrer Loopstation und gefühlt 100 verschiedenen Instrumenten eine mindestens10köpfige Band zu ersetzen. Dazu die unverwechselbare Stimme und dieses Konzert ist durch und durch rund.
Fast zwei Stunden lang hält Tash das durch, dann ist auch der letzte Fan kaputtgetanzt und müdegejubelt.
Ich bin stolz, weil ich zumindest „Jungle“ erkannt habe, finde es aber auch ein wenig schade, dass ich das Zusatzkonzert nicht auch noch mitnehmen kann. Ein bisschen Festivalfeeling schadet schließlich nie.
Tash Sultana kommt im nächsten Jahr wieder nach Deutschland.