StartBücherGelesen: Wir hatten Sex in den Trümmern und träumten

Gelesen: Wir hatten Sex in den Trümmern und träumten

Der Untertitel zu „Wir hatten Sex in den Trümmern und träumten“ von Tim Renner und Sarah Wächter lautet „Die Wahrheit über die Popindustrie“. Als ich diesen zuerst las, dachte ich, dass das Buch vielleicht eine Abrechnung mit der Musikindustrie hierzulande sei, aber das Buch ist keine Abrechnung, sondern eher eine Analyse der Popmaschinerie. Es richtet sich laut der Autoren und frei nach Sven Regeners/Element of Crimes „Abendbrot“ an alle, „die ihr heißes Blut auf dem Feld der Unterhaltung vergossen haben“. Doch auch für diejenigen die nur einen Blick hinter die Kulissen werfen möchten, dürfte das Buch auch interessant und unterhaltsam sein. 

Der Ex-Musikmanager Renner und die Promotion- und PR-Managerin Wächter gehen in den ersten beiden Kapiteln „Die Eigenschaften“ und „Die Notwendigkeiten“ zunächst auf die Musiker ein. Was muss muss ein Künstler oder eine Band mitbringen, um länger als nur die eine Staffel in einer Castingshow zu überleben.
Im Kapitel „Die Profis“ werden die weiteren Rollen im Musikbusiness, nämlich die der Bandmanager, Produzenten, A&R, Marketing und Promotion geklärt.
Die Bedeutung und Rolle der Labels (Indie und Major) wird in „Die Systeme“ geklärt.

Anhand von vielen, teilweise sehr interessanten Beispielen und vor allem Annekdoten wird das System und die Hintermänner anschaulich und niemals langweilig erklärt. Renner und Wächter haben für das Buch auch zahlreiche Gespräche mit den Protagonisten von damals und heute geführt. So erfahren wir z.B. von Nikel Pallat (Manager und zeitweise auch Sänger von Ton Steine Scherben), dass ihn bis heute noch wurmt, dass der Tisch bei der Talkshow „Ende offen“ trotz seine massiven Axt-Einsatzes einfach nicht kaputtgehen gehen wollte. Pallat laut Buch: „Ich frag mich, wie der verleimt war. Ich saß vier Stunden mit der Axt in der Innentasche und Achselhöhle im Studio und habe dann all meine Kraft aufgewandt. Es war einfach nicht zu machen …“

Die letzten beiden Kapitel „Die Kanäle“ und „Die Zukunft“ fand ich in meiner Rolle als Musikblogger am spannendsten. Über welche Kanäle und wie wird Musik heute vertrieben? Welche Bedeutung hat Social Media? Wie kann die Zukunft der Musikindustrie aussehen oder wie sieht sie teilweise schon aus? Starwatch, GEMA, Creative Commens, Cro, Crowdfunding, Spotify und Audiolith sind nur einige Stichwörter der spannenden letzten rund 100 Seiten.

„Wir hatten Sex in den Trümmern und träumten: Die Wahrheit über die Popindustrie“ ist als Taschenbuch im Berlin Verlag erschienen. Lesen.