Auch wenn wir fleißig Bestenlisten schreiben und voll in der Zeit des Jahresrückblicks stecken, verlieren wir natürlich nicht die neuen Veröffentlichungen aus den Augen, die wir euch wie gehabt als Kurzreview in dieser Rubrik vorstellen möchten.
The Rolling Stones – Blue & Lonesome
Tatsächlich hätte ich nicht gedacht, dass ich in dieser Rubrik mal auf ein Album der Rolling Stones hinweisen werde. Mit ihrem neuen Album „Blue & Lonesome“ haben es die alten Männer jedoch verdientermaßen geschafft. Man kann sich streiten, wann die Stones das letzte Mal etwas Relevantes abgeliefert haben. Da ich kein Experte auf dem Gebiet bin, erspare ich euch meine Meinung an dieser Stelle. Dass sie es aber mit einem Cover-Album alter Blues-Klassiker schaffen, tonnenweise Lob in den Feuilletons abzuholen, ist dann doch bemerkenswert. Man hört der Band bei jedem Song an, wie viel ihr diese Musik bedeutet und wie viel Herzblut darin steckt – auch ohne jeden der Tracks im Original zu kennen. „Blue & Lonesome“ klingt so rau, dreckig und echt wie ein Blues-Album klingen muss. Die alten Männer können es noch.
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Christmaz & Figub Brazlevic – Ego & Soul
2015 kam der schwedische Rapper Christmaz für einen Auftritt nach Berlin und lernte dort den Beatbastler Figub Brazlevic kennen. Nachdem man zunächst nur gemeinsam eine EP aufnehmen wollte, wurde es am Ende ein komplettes Album. Das Ding ist in vielerlei Hinsicht ein echtes Brett geworden. Figub Brazlevic hat mal wieder enorm hochklassige Boom-Bap-Beats mit jeder Menge Chillfaktor gezaubert. Dazu kommt Christmaz tighter Flow und jede Menge interessante Features. Klingt manchmal als hätte man Roots Manuva mit den Souls of Mischief in ein Studio gepackt, aber meistens sogar noch besser.
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Peter Doherty – Hamburg Demonstrations
Als Pete Doherty 2014 nach Hamburg kam, war er vor allem eins: ein Heroin-Junkie. Der Modemacher Bent Jensen (Herr von Eden) gabelte Doherty auf und quartierte ihn in der Künstlerwohnung des Clouds Hill Studios ein, wo der Brite zusammen mit Studiobetreiber Johann Scheerer an neuen Songs arbeiten sollte. In der aktuellen Ausgabe der Zeit berichtet Scheerer von der Zusammenarbeit, die aufgrund der Drogensucht des Künstler selten planbar und häufig chaotisch ablief. Nach dem Dohertys Management den Musiker kurzerhand auf Entzug nach Thailand schickte und zunächst die Reunion der Libertines forcierte, blieben die Aufnahmen aus den Clouds Hill Studios vorläufig in der Schublade. Erst nachdem Pete Doherty sein Management feuerte, meldet er sich, jetzt nüchtern, wieder bei Scheerer um seine Solo-Platte fertigzustellen.
Es wundert daher nicht, dass Doherty die Platte jener Stadt widmet, in der sie entstanden ist. „Hamburg Demonstrations“ ist einer selbstzerstörerischen Phase entstanden und das hört man streckenweise sehr klar heraus. Vor allem Dohertys Gesang klingt an viele Stellen schief, was dem Album zum Teil eine charmante Rohheit verschafft. Zugleich beweist Doherty, dass er ein enorm guter Songwriter ist. Mit „Hamburg Demonstrations“ wird er sicher keine neuen Fans gewinnen, aber wer sein Schaffen bereits länger verfolgt, wird zur Erkenntnis kommen, dass Pete Doherty mit diesem Album einen tieferen und persönlichen Einblick bietet als je zuvor.
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