Gernot Bronsert, Sascha Ring und Sebastian Szary sind unter dem Pseudonym Moderat momentan auf der ganzen Welt unterwegs und spielen ausverkaufte Shows in den größten Hallen dieses Landes. Wir trafen uns vor ihrer Show in Hamburg mit Sebastian und Gernot, um mit ihnen über ihr aktuelles Album, den Werdegang von Moderat und amerikanischen Hip Hop zu reden.
Dem Duden nach bedeutet „Moderat“ so viel, wie „maßvoll“. Habt ihr das Gefühl, euch zurückhalten zu müssen?
G: Dieses Gefühl haben wir nicht. Eigentlich war der Fakt, dass die Namen unserer beiden, kombinierten Projekte so gut zusammen passen schon das erste Zeichen für uns, dass da etwas gutes entstehen kann.
Was sind denn die größten Unterschiede zwischen Moderat, Apparat und Modeselektor?
G: Naja, wenn man die einzelnen Projekte mit dem Liebesakt vergleicht, dann ist Modeselektor die schnelle, dreckige Nummer auf dem Clubklo, während Moderat dann doch eher das Candlelight-Dinner mit einem vorhergegangenen Opernbesuch ist. Beides ist toll! Sascha geht es mit Apparat manchmal ähnlich, glaube ich. Sein Ursprungsprojekt ist ja auch sehr episch und sakral. Moderat ist für uns alle ein Mittelweg.
(C) Anne PellenzAlso müsst ihr, als drei Einzelkünstler, Kompromisse machen?
G: Nein, müssen wir nicht. Wir wollen das, da wir uns so gut ergänzen.
S: Mittlerweile muss man ja auch sagen, dass Moderat nicht nur eine Kombination aus Modeselektor und Apparat ist, sondern ein eigenes Projekt mit drei Männern, die auf der Bühne aktiv sind.
Seid ihr dann eine Boyband?
G: Boys sind wir nicht mehr. Wir sind eine Herrengruppe auf Reisen.
Wir hatten das Gefühl, dass ihr euch im Laufe der letzten Alben immer mehr zur klassischen Band entwickelt habt. Mittlerweile wirken eure einzelnen Nummern wie Stücke und nicht, wie Tracks. Was kommt denn als nächstes?
G: Im Großen und Ganzen kann man nicht sagen, wo die Reise hingeht. Wir planen nicht und haben keine Konzepte. Unsere einzelnen Charaktere sind zu verschieden, als das wir da planen könnten. Während Szary eher bodenständig und ruhig ist, bin ich mit dem Kopf total in Hogwarts. Sascha und ich sind uns ähnlicher. Wie zwei Egomane geraten wir aneinander, was jedoch auch fruchtbar ist.
S: Es ist ja nicht so, dass drei Freunde sich treffen, zusammen ins Studio gehen und da sofort gutes Material entsteht. So romantisch ist es nicht. Da muss es auch krachen und weh tun untereinander.
(C) Anne PellenzAber birgt das nicht auch wirtschaftliche Risiken?
G: Klar. Mittlerweile ist Moderat mehr, als nur ein Projekt. Wir, als Personen, sind Moderat und wollen geilen Scheiß machen, ohne auf irgendwelche Zielgruppen Rücksicht nehmen zu müssen. Das ist unser Leben, es ist einfach mal alles! Wir haben Familien und Kinder und manchmal fällt es diesen Menschen echt schwer, zu verstehen, dass wir uns ausschließlich über Moderat identifizieren. Zudem sind wir auch kleine Kontrollfreaks und lassen niemanden gern an unser Zeug ran. Für das aktuelle Album haben wir uns den besten Mischer mit ins Boot geholt und der wollte auch mit uns arbeiten, jedoch haben wir nach seinen ersten Vorschlägen das Gefühl gehabt, dass er uns verarschen will. Dann haben wir uns dazu entschieden, das Abmischen selbst in die Hand zu nehmen.
Wie sieht es denn mit euren Familien aus? Was halten die von eurem neuen Album?
G: Die mögen unsere Musik. Da wir teilweise auch Homestudios haben bekommen sie viel von unserem Schaffungsprozess mit und es ist komisch, wenn das Lied, dass sie für ein halbes Jahr lang jeden Tag zuhause hören mussten, plötzlich im Radio läuft. Meine Kinder, muss ich jedoch sagen, finden Modeselektor besser. Das ist halt auch direkter. Moderat ist da subtiler und weiblicher vom Sound her.
Neben dem musikalischen Aspekt legt ihr auch sehr viel Wert, auf ein rundes und stimmiges Bühnenbild. Wie sehen hier eure Arbeitsweisen aus?
G: Seit vielen vielen Jahren arbeiten wir eng zusammen mit der Pfadfinderei, einem Videokollektiv aus Berlin. Das sind harte Raver, genau wie wir. Schon für Modeselektor haben sie schon ab der ersten Platte die Artworks gemacht und uns auf Tour visuell begleitet. Flori, der jetzt das Video zu Reminder gemacht hat, war sogar mein erster Mitbewohner. Eine so große Produktion, wie auf dieser Tour, hatten wir jedoch noch nie am Laufen.
(C) Anne PellenzHabt ihr überhaupt noch Zeit, um selbst Musik zu hören? Was läuft auf dieser Tour im Bus?
G: Momentan läuft bei uns tatsächlich nur Hip Hop aus den 1990er Jahren. A Tribe Called Quest zum Beispiel. Sascha hasst Hip Hop, aber der geht immer recht früh schlafen. Eigentlich hören wir relativ viel Musik. Abseits vom Tourbus fahre ich gerade total auf The Smiths ab. Ich habe das Gefühl, dass Songwriting mich immer mehr interessiert und da sind die halt top.
Eine Frage zum Abschluss: Habt ihr, als erprobte Raver, einen guten Tipp für uns, wie wir den Kater nach einer Moderat-Show loswerden?
G: Am besten hilft eine Aspirin, die man in lauwarmer Cola auflöst. Das hilft wirklich immer!
Interview: Hendrik Wonsak