In einem sehr interessanten Artikel namens „Why Music Videos Are Still So Important“ stellt Sarah Boardman fest, dass Musikvideos eigentlich so wichtig sind, wie nie zuvor. Das größte Problem seit dem Rückzug von MTV ist allerdings, dass der Markt „unter-kuratiert und über-sättigt“ ist. Damit meint sie, dass es zu viele Musikvideos gibt und dadurch die richtig guten häufig übersehen werden. Damit das unseren lieben Lesern nicht passiert, wählen wir an dieser Stelle das beste Musikvideo aus. Und zwar wöchentlich.
Ariel Pink – Time to Live (Regie: Gorsad)
Es gibt Feiertage, die in bestimmten kulturellen Bereichen eine besondere Relevanz besitzen: Während das Filmgeschäft sich alles nimmt, womit sich irgendwie Gefühle wie Angst, Liebe oder Sentimentalität erzeugen lassen, pflegt die Musikvideobranche seit Jahren eine innige und erstaunlich exklusive, Genre-übergreifende Verbindung mit Halloween. Regelmäßig wird da gegen Ende Oktober viel Geld in Kunstblut investiert, um sich entweder möglichst obskur, brachial oder wahlweise auch makaber erscheinen zu lassen.
Wirklich gruselig wird es hingegen selten, weshalb wir uns umso mehr freuen, dass Ariel Pink die diesjährige Saison mit einem Lo-Fi-Juwel eröffnet, das dem Ton seiner Musik wunderbar entspricht. Unter der Ägide des ukrainischen Künstlerkollektivs Gorsad mäandert eine junge Frau über einen Friedhof, christliche und billig-karnevaleske Bilder überlagern sich, irgendwo brennt immer mal wieder etwas. Eine Geschichte ergibt sich daraus nicht, aber die grisselige VHS-Ästhetik erzeugt gemeinsam mit den gewählten Motiven und Pinks wiederholtem Hinweis darauf, dass nun aber wirklich die Zeit zu leben sei, ein wohlig ungutes Gefühl. Gegen dieses Indie-Video muss die Flut an Major-Produktionen erstmal ankommen.