StartKritikenParli italiano? mit Fil Bo Riva im Mojo Club

Parli italiano? mit Fil Bo Riva im Mojo Club

Multilingual, abwechslungsreich, tanzbar, intensiv, charmant, – wenn ein Konzertabend das alles vereint, war er gut. Und das lässt sich über das Konzert von Fil Bo Riva und seiner Vorband im Hamburger Mojo Club definitiv sagen.

©Juliane Spaete

Im ausverkauften Mojo ist das Publikum an diesem Abend überwiegend weiblich. Ganz unerklärlich ist das nicht: es gibt ordentlich was zum Schmachten. Die Vorband Rikas aus Stuttgart, die gerade ihr Debütalbum „Swabian Samba“ veröffentlich hat, besteht aus vier cuten Boys Anfang Zwanzig, die unbeschwerte Indiemusik machen. Ab und an fällt bei der Band der nachvollziehbare Vergleich mit den Beach Boys, denn Songs wie „Tortellini Tuesday“, das über 830.000 Streams bei Spotify zählt, oder „Lisa“ verbreiten Sixties-Vibes, bei denen man sich pronto mit einem kühlen Drink an den Strand wünscht. Die Stuttgarter kennen kein Berührungsängste und treten immer wieder putzig mit dem Publikum in Kontakt – sei es mit Ansagen zu Liedern über Rückenschmerzen „ihr lacht, aber die sind nicht schön, wenn man sie hat“ oder in die Knie gehendem Gitarrenspiel Richtung ausgewählter Fans in der ersten Reihe.
Riesige, silberne Neon-Luftballons mit ihren Initialien zieren die Bühne, die sie mit Tanzeinlagen ganz auszufüllen wissen. Rikas sind verspielt, neugierig und charmant und erobern viele Herzen. Das nächste Date mit ihnen gibt es auf dem Reeperbahn Festival.

In Nebelschwaden hüllt sich zum Main Act des Abends die Bühne, dazu erklingt Chorgesang, um den Moment vor dem Auftritt Fil Bo Rivas beinahe meditativ zu gestalten. Das Konzert beginnt mit seiner Akustikgitarre und wird im Verlauf noch einige Abwechslung bringen. Das mag daran liegen, dass – wie Fil Bo Riva in holperig, charmanten Deutsch bittet – „Wir werden heute einige neue Songs für euch ausprobieren, also habt etwas Geduld und genießt sie“. Sein Debütalbum „Blindmaker“, das fast zeitgleich mit Rikas erstem Album herausgekommen ist, stellt eine spannende Weiterentwicklung des Künstlers dar. Die Lieder, die er daraus spielen wird „Killer Queen“, „Blindmaker“ und „Head Sonata“ sind extrem tanzbar und deutlich durch die typischen 80er Jahre-Synthies geprägt. So kommt auch das Cover von Bronski Beats „Smalltown Boys“ sehr passend. Fil Bo Rivas Vielseitigkeit zeigt sich aber auch in den souligeren, folkigeren Stücken wie „Franzis“ von seiner EP „If You Right It’s Alright“ oder einem Cover von Mr. Johnny Cash. Doch auch das Wechseln in seine Muttersprache Italienisch für einen Song und wiederum die knartschigen Gitarrensoli bei den rockigeren Stücken sorgen für ein reichlich abwechslungsreiches Konzert.

Fil Bo Rivas eindeutiges Erkennungsmerkmal ist seine Reibeisenstimme, die sehr reif und charismatisch klingt. Selten erlebt man ein derart gebanntes Publikum, das bei einer Pause im Stück nicht direkt zu klatschen beginnt. Und obwohl der hübsche Musiker, der mit seinen wuscheligen Locken der Bruder von Faber oder Timothée Chalamet sein könnte, die Fans in seinen Bann zieht, entsteht wenig Interaktion mit ihnen und es bleibt bis zum Ende eine gewisse Distanz – aber aus der lässt sich ja vielleicht auch besser Schmachten?!
Die Erwartung schwingende Hüften und schmachtende Songs bei dem Konzert von Rikas und Fil Bo Riva zu bekommen, wird erfüllt. Darüberhinaus überrascht, aber überzeugt auch das Facettenreichtum und die Live-Qualität der Musiker.

Fil Bo Riva – Franzis (Live Session)

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