StartMusikRBMA Madrid: Open Session & Generation Bass

RBMA Madrid: Open Session & Generation Bass

Als ich am Sonntag Abend an der Casa Encendida ankomme, reicht die Schlange der Wartenden bereits um die Ecke des Gebäudes. Die Red Bull Music Academy hat den Matadero – ihr eigentliches Zuhause – verlassen und öffnet sich in einer Open Session der interessierten Öffentlichkeit. Bereits seit 12 Uhr finden Workshops und Lectures statt. Um 20 Uhr gibt es ein kostenloses Konzert mit James Pants, Oneohtrix Point Never und Dorian Concept.

Im beeindruckenden Atrium der Casa Encendida  spricht Dorian Concept über seine Heimatstadt Wien, Musikproduktion und spielt ein paar seiner neueren Tracks an, bevor er wenige Minuten später nach einer kurzen Umbaupause als erster auf die Bühne geht. Mit seinem energiegeladenen Live-Set bringt er die Menge schnell auf seine Seite.

Es ist ein sehr gemischtes Publikum, das sich an diesem Abend in der Casa Encendida eingefunden hat. Neben jungen Clubgängern, von denen viele im Anschluss zur Generation Bass Party im Club Siroco weiterziehen, stehen dort auch einige ältere Madrilenen, die sonst wohl eher das vielfältige Angebot an Hochkultur in der spanischen Hauptstadt nutzen. Ich vermute sie sind froh als es im Anschluss deutlich ruhiger wird und Daniel Lopatin aka Oneohtrix Point Never mit seinem oft als Ambient bezeichneten Sound die Bühne betritt. Nach einer weiteren Stunde ist es vorbei mit der „Ruhe“.

Nach drei Sekunden von James Pants Set ist klar, hier wird jemand seiner Rolle als Headliner mehr als gerecht. Schon das Setup ist außergewöhnlich: zwei Plattenspieler, ein Laptop, ein Mikrofon und ein elektronisches Drumpad. Eine aus der Faulheit geborene Idee und den Umständen geschuldet, dass er sich noch nicht um eine neue Band bemüht hat, wie er mir später erzählt. Das Ergebnis ist auf jeden Fall sehr unterhaltsam. James eigene Beats treffen auf bekannte Loops und Melodien, bösen Dirty South Rap und Samples von klassischer Musik und dröhnende Gitarrenriffs, die er gekonnt auf der Luftgitarre begleitet. Dazu kommen die Gesangseinlagen für die er wahlweise vor, neben oder auf dem DJ-Pult steht. Die Energie überträgt sich im Handumdrehen auf das Publikum, ich sehe kaum jemanden der sich nicht bewegt und dem Treiben ohne Grinsen im Gesicht folgt. Mit seiner persönlichen Interpretation des Doors Klassikers Touch Me beendet James Pants seine einstündige Show. Auf die freundlichen Bitten des Sicherheitspersonals hin, leert sich der Raum innerhalb weniger Minuten. Schade, denn irgendwie hatten sich doch alle gerade so schön eingegroovt. Draußen telefoniere ich mit Gonzo, der sich für Red Bull um die internationalen Medienvertreter kümmert. Da er gerade beim Dinner sitzt (stimmt, ich bin ja hier Spanien), verabreden wir uns im Siroco, wo neben Pearson Sound (aka Ramadanman) und Scuba auch einige RBMA Teilnehmer spielen werden.

>>Fast Forward>>

Als ich gegen 2 Uhr in der kleinen Gasse ankomme, in der sich das Siroco mitten in einem Wohngebiet befindet, stehen vor der Tür eine Menge Leute, um eine zu rauchen oder kurz frische Luft zu schnappen und sich zu unterhalten. Es ist laut, aber dennoch scheinen sich die Anwohner nicht daran zu stören. Als ich reingehe frage ich mich, wie lange das das Ordnungsamt in Deutschland wohl mitmachen würde. Im Keller, dem so genannten Club, hat David Kennedy aka Pearson Sound die Tanzfläche bereits mit Juke und B-more Club beeinflussten Beats unter seine Kontrolle gebracht. Vor dem DJ-Pult feiert eine junge, männliche Fangemeinde jeden neuen Track und reißt bei jedem Break die Arme in die Luft. Nur selten wird der Sound Dubstep-orientierter. Ich finde das schade. Den Tanzenden ist es egal. Die Stimmung ist gut.

Ich bestelle mir ein Bier und wundere mich, dass es auf meinen 5-Euro-Schein keinerlei Wechselgeld gibt. Mit einem bisher unveröffentlichten, aber wohl demnächst erscheinenden James Blake Song beendet Pearson Sound sein Set und Paul Rose aka Scuba übernimmt die Plattenspieler. Wer Scubas DJ-Kicks Mix kennt oder mal auf einer seiner Sub:stance Partys im Berghain war, weiß, dass auch für ihn der Dubstep-Sound mittlerweile nebensächlich ist. Statt dessen gibt es Bass Music und Techno. Wieder mal merke ich, dass ich mehr ein 4-to-floor-Typ bin und schiebe mich durch zur Tanzfläche. Als ich gegen 5 Uhr den Club verlasse, ziehe ich meine Kapuze auf, denn es regnet leicht.  So viel also zu der Hoffnung dem Hamburger Herbstwetter für ein paar Tage entfliehen zu dürfen…

alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Red Bull Music Academy