Gerard, der „Retter des Gefühlsraps“, hat sich mit seinem Album „Neue Welt“ (VÖ: 04.09.2015) seine eigene Gesellschaftsutopie geschaffen. Live überzeugt er mit Perfektion und liefert noch dazu den passenden Sound für den Herbst.
Zum ersten Mal habe ich Gerard eher zufällig gesehen. Er spielte in einem kleinen Laden in Augsburg und ich dachte mir im vorbei gehen: Das schaust du dir mal an. Das war vor zwei Jahren und der Österreicher war mit seinem Album „Blausicht“ unterwegs. Dieses Mal hatte ich mich schon lange auf den Auftritt im Erlanger E-Werk gefreut. Und, so viel kann an dieser Stelle schon einmal verraten werden, ich wurde nicht enttäuscht.
Kein guter Tag für ein Konzert – so dachte ich. Schlechte Laune, Schmuddelwetter und sowieso alles doof. Doch nachdem ich mich auf das Konzert geschleppt hatte, war alles wie weggeblasen. Gerards (Anm. der Redaktion: Früher Gerard MC) „Neue Welt“ passt perfekt in diese Gefühlsmischung aus Herbstdepression und Euphorie. Schnell ist der Zuschauer angekommen in der Gesellschaftsutopie.
Die vergangenen zwei Jahre war es recht ruhig um den Österreicher. Gerade befindet er sich auf einer ausgedehnten Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ich bin froh, dass er dabei auch in Erlangen Halt gemacht hat. Angereist ist er mit einer kompletten Band: Drums, E-Gitarre und Synthesizer. So bekommen die Lieder live ein neues Gesicht. Der Auftritt wird fast sogar ein bisschen rockig.
Insgesamt merkt man, dass der Gig der sechste Tourstop ist. Die Band ist eingespielt, alles funktioniert, das Konzert macht Spaß. Gerards Musik erinnert an die von Casper. Nur überrascht sie mehr: Sie ist manchmal hymnisch und langsam, manchmal rhythmisch, manchmal komplex, manchmal sperrig und beinahe unzugänglich und manchmal einfach nur voll mit typischen Hip Hop Beats.
Genauso gemischt wie die Musik ist auch das Publikum: Der Hipster singt bei den gefühlsbetonten Songs mit, der Hip-Hopper geht bei den Beats ganz Hip-Hop typisch durch die Decke. Aber eins haben alle gemeinsam: Sie genießen, wie Gerard und die Band auch, den Abend in familiärer Runde.
Die Songs sind melancholisch und träumerisch. Ausgedrückt in ausgeklügelten Reimen, die dem Ganzen eine inhaltliche Stärke verleihen. Live überzeugen sie noch mehr, als auf dem Album. Der Wiener trägt sie in einer Perfektion und mit einem Nachdruck vor, die den Zuschauer sofort in die „neue Welt“ hineinzieht. Gerard zeigt mit seinen Songs die Orientierungslosigkeit unserer Generation. Verluste, Zweifel, Rückschläge. Aber auch Hoffnung und Wünsche. Genau das was einem nach einem blöden Tag den Abend rettet und deshalb der perfekte Sound für den Herbst und damit eine absolute Tour-Empfehlung meinerseits.
P.S.: Wer es nicht auf die Tour schaffen sollte, der kann das Geschehen zumindest im Tourblog mitverfolgen.
Neue Welt Tor 2015
23.10.15 Berlin Postbahnhof
24.10.15 Hamburg Knust
26.10.15 Dortmund FZW
27.10.15 Köln Gebäude 9
28.10.15 Frankfurt Zoom
29.10.15 Freiburg Jazzhaus
30.10.15 Stuttgart Cann
31.10.15 Dornbirn Conrad Sohm
01.11.15 Zürich Papiersaal
03.11.15 Wien WUK