Und wieder ausverkauft: Bei einem Konzert von Nick Cave in Berlin sollte man sich darum kümmern, sein Ticket so schnell wie möglich in die Hände zu bekommen. Selten sind die Karten so schnell weg, selten sehe ich so viele Leute vor einer Location stehen, die für eine übriggebliebene Karte Mondpreise bezahlen würden.
Selten auch sammeln sich so viele Zuschauer punktgenau zur Einlasszeit geduldig bei ca. 30 Grad im Schatten am Eingang – wohlgemerkt schwarzgekleidet. Das ist schon ein großes Opfer, das da gebracht wird – allerdings nicht nur von den Fans, sondern auch vom Künstler an sich.
Als Nick Cave mit seinen Bandkumpanen endlich auf die Bühne kommt, merkt er nämlich erstmal, was er sich da eingebrockt hat: „Oh my God, it“™s fucking daylight!“. Ein wenig verloren schaut er dabei drein, als wäre er dieses helle Sonnenlicht wirklich nicht gewöhnt.
Der erste Song, „Jesus Alone“ passt dann auch eher zu einem dunklen und traurigen Part von Nicks Geschichte, diesem Tag als sein Sohn genau heute vor drei Jahren ums Leben kam.
Auch „From Here To Eternity“ erinnert an diese Tragödie, und das Mitfühlen im Publikum ist schon fast greifbar. Genauso wie Nick Cave selbst. Gefühlt hält er sich die Hälfte des Konzerts über, neben und bei seinen Fans auf, spricht mit ihnen, berührt sie, besingt sie und nimmt sie sogar in den Arm.
Zwischendurch merkt man ihm an, dass ihn ein solch fulminantes Konzert auch anstrengt, ein kurzes gestöhntes “ Hey, watch out, I“™m 60 years old!“ ändert aber nichts daran, dass er auch weiterhin alles gibt. Die Emotionen wechseln sich minütlich ab – von Trauer zu Melancholie zu Wut zu Angst zu Düsternis zu Freude.
An „Into My Arms“ dann, eine der berühmtesten Balladen, kann ich mich leider nicht mehr richtig erinnern, weil plötzlich meine Augen anfangen zu schwitzen. Und das nicht nur bei mir. Immer mehr kommen diese großen Gefühle beim Publikum an.
„The Weeping Song“ ist dann der Beginn des langen ausgedehnten Finales dieses Konzerts. Bestimmt 50 Zuschauer werden auf die Bühne gebeten und können ihr Glück kaum fassen, dass sie diesen Abend ganz nah an Nick Cave and the Bad Seeds verbringen dürfen, bis dann nach einem über zweistündigen Konzert nicht nur sie von der Bühne, sondern auch die Zuschauer aus der Waldbühne gebeten werden. Schade eigentlich. Es war gerade so schön dunkel geworden.