StartKritikenSwans - To Be Kind (Kritik + Stream)

Swans – To Be Kind (Kritik + Stream)

Swans haben es wieder getan. „To Be Kind“, das dritte Album nach ihrer Wiedervereinigung 2010, ist ein zweistündiger Koloss geworden, der den Zuhörer bedingungslos überfordern möchte. Mit dem Vorgänger „The Seer“ erging es uns Zuhörern ähnlich, er war ein überlanger Versuch Drone, Noise und Blues in ewiger Wiederholung ersticken zu lassen. 2012 ließ das Album natürlich jeglichen kommerziellen Erfolg vermissen, wurde jedoch von Kritikern und Fans frenetisch gefeiert. Jeder anderen Band wäre ein solches Album vermutlich eine schwere Bürde. Wie soll man ein solches Ausnahmewerk übertreffen?

„To Be Kind“ gibt sich nun gar keine Mühe, etwas imitieren oder toppen zu wollen. Unbeirrt spucken uns Swans einen weiteren Brocken vor die Füße, so ausladend, dass er gleich zwei CDs in Anspruch nehmen muss. Im Grunde kann man diese Unterteilung vernachlässigen, sie ist nur der überlangen Spielzeit geschuldet. Alleine „Bring The Sun/Toussaint L’Ouverture Part One“ überschreitet mühelos die Spielzeit gängiger Punk Alben, keiner der anderen Songs ist kürzer als fünf Minuten. Wer Swans schon immer unterstellt hat sich in prätentiöser Redundanz zu suhlen findet hier erneut Bestätigung. Ebenso ergeht es glücklicherweise allen, die der schmerzhaft bohrenden Wiederholung bis hin zum unausweichlichen Lärmen etwas abgewinnen können.

Dabei lässt sich auf dem neuen Album durchaus etwas mehr Songstruktur als zuletzt erkennen. „A Little God In Our Hands“ erinnert am Anfang beinahe an Marilyn Mansons Flirt mit Glam und Funk, wird dann aber gegen Ende doch noch in bitteren Lärm getaucht. Einen ähnlichen Weg geht der Opener „Screen Shot“: er beginnt sehr leise und steuert acht Minuten lang auf dröhnendes Finale zu. „Kirsten Supin“ ist hingegen eine bittere Ballade vom Ende der Welt geworden; dem Ort, dem alle Songs der Band zu entstammen scheinen. „Bring The Sun/Toussaint L’Ouverture Part One“ ist natürlich der Überwältigendste von allen, mitsamt absoluter Implosion im Mittelteil, kruden Samples und einer wahnhaften gesanglichen Leistung.

Michael Gira bleibt damit wie eh und je Kopf der Band. Seine Stimme prägt viele Stücke, trotz namhafter Gastsängerinnen wie St. Vincent oder Little Annie. Er biegt sich in alle Richtungen, mal kreischt er grotesk (im alptraumhaften „Just A Little Boy“), mal brummt er sinister – bleibt dabei aber immer ungreifbar. So geht es dem Zuhörer mit der gesamten Musik auf „To Be Kind“. Wie in einem Film von David Lynch (an dessen musikalische Mischung aus Repetition und Blues man sich hier teilweise erinnert fühlt) erkennt man einzelne konventionelle Elemente wieder. Ebenso wie in den Filmen ist es aber gerade die absurde Transformation und Kontextualisierung, die die Musik der Swans auch nach dreißig Jahren immer noch so außergewöhnlich verstörend macht.

„To Be Kind“ gibt es ab heute im Stream bei NPR und ab Freitag zu kaufen. Hier unten findet ihr den Track „A Little God In Our Hands“:

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