Zugegen, als ich beschloss mir Denzel Curry live anzugucken, hätte ich nicht gedacht, dass der US-Rapper das Hamburger Uebel & Gefährlich ausverkauft – tja, falsch gedacht!
Denzel Curry und idk im Uebel & Gefährlich (alle Fotos: Stefan Franke/Instagram: @tidephoto_concerts)Schon die Traube von Menschen unten vor dem Eingang sprach eine ganz andere Sprache. Kalt war es. Kalt und verraucht. Letzteres änderte sich auch oben vor der Bühne nicht – dafür aber beim Auftritt des Supports idk schlagartig die Temperatur! Auch wenn der Rapper in Daunenjacke und mit einer Maske die Bühne betritt, ist seine Show – wie vermutlich einige im Publikum sagen würden: Fuego.
Um direkt beim Publikum zu bleiben: Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass hier aus allen Gruppierungen und Altersklassen Fans zugegen waren – allerdings alle eines gemeinsam hatten: Sie fühlen sich unverstanden. Diesen Umstand spiegelt die ganze Cloudrap-Trap-Szene mit ihren Aushängeschildern wie Lil Peep, Lil Xan und XXXtentacion ja schon seit Beginn wieder und so ist es auch nicht weitern verwunderlich, dass die Masse vor der Bühne frenetisch tanzt, als der DJ nach idk’s Auftritt „Smells like Teen Spirit“auflegt.
Das Publikum zum Maximum angeheizt betritt Denzel Curry die Bühne. Das Konzert selbst ist, wie sein aktuelles Album „TA13OO“, in drei Akte unterteilt und bedient sich größtenteils aus eben diesem Album. Passend zur unheilvollen Atmosphäre der Platte, wird der Backdrop auf der Bühne mit allerlei exzentrischem, schon fast verstörendem Material befeuert. Curry legt los und reißt das Publikum an sich.
Das Publikum ist in einer frenetischen Aggression gefangen. Alle sind ausgelassen, dennoch herrscht eine Spannung, die sich in Mosh-Pits und sogar Wall of Deaths äußert – zu Teilen wirkt das Schauspiel „härter“ als bei so manchem Metal-Konzert. Curry feuert immer weiter an, bis er schließlich die Bühne verlässt.
Der Vorhang für Akt 2 Fällt. Diesmal sogar mit neuem Material. Der denkwürdigste Moment dieses Aktes: Zu den Zeilen „Suicidal doors, call it Kurt Cobain, Suwoo leather seats, like a bloody stain, I need hella base, I need hella pain, You gon‘ wanna cry, I’ma make it rain“ seines Songs „CLOUT COBAIN | CLOUT CO13A1N“ spielt Curry, mit breitem Grinsen auf den Lippen, immer wieder einen schwarzen Luftballon ins Publikum, das ihn dankbar zurück spielt. Welch schöne Metapher. Akt 2 Ende.
Akt 3, der letzte Akt des Abends pusht das Publikum bis zum Exzess. Natürlich findet auch Currys Hit „Ultimate“ seinen Platz und das nicht nur einmal, denn das Finale des Abends hat es in sich. Nach einigen eigenen A-Cappella-Einlagen, holt Curry einen Zuschauer auf die Bühne, der sich angeboten hat einen Song zu performen. Als ihm klar wird, dass er sich nicht hinter einem Beat verstecken kann, bekommt er keinen Ton mehr heraus. Curry versucht die Situation zu retten und holt nach dem Abgang des ersten, einen weiteren Freiwilligen auf die Bühne. Dieser liefert ab – und zwar zweimal „Ultimate“.
Etwas unglimpflich endet das Konzert mit genau dieser Performance und den Worten des DJs „Thank you for coming tonight“. Keine Zugabe, ein paar fragende Gesichter und ein großer Ansturm zur Garderobe. Zusammenfassend haben alle an diesem Abend abgeliefert. So sehr, dass es von der Decke des Uebel & Gefährlich nicht nur tropfte, sondern schon regnete. Würde ich wieder zu Denzel Curry gehen? Nicht unbedingt, ich mag meine Moshpits eher in Metal-Atmosphäre. Nennt mich ruhig borniert. Würde ich Denzel Curry empfehlen: Definitiv ja!