Es ist nicht zu leugnen, dass der Herbst vollends angekommen ist. Nicht nur werden die Tage immer kürzer und kälter, die Plattenfirmen lassen zwischen Sommerloch und Weihnachtsgeschäft mal wieder jede Menge Geld springen, um ihre Künstler mit hochwertigen Videos zu bewerben. Eine klassische Win-Win Situation, wenn dabei so unterhaltsame Clips rumkommen wie in dieser Woche, in der es gleich mehrere erste Plätze geben müsste. Doch wir knallharten Listen-Schreiber von Testspiel dulden einen solchen Top-5-Kommunismus natürlich keinesfalls und präsentieren daher wie gewohnt unsere fünf besten Videos der Woche in aufsteigender Form.
5. Sébastien Tellier – Love (Regie: Valentine Reinhardt)
Der Sound des bärtigen Franzosen pendelt immer zwischen Tanzfläche und Lagerfeuer. In diesem Falle ist das alles wunderbar psychedelisch. Genau wie das Video. (~Jonathan)
4. Goat – Hide From The Sun (Regie: Sam Macon)
Psychedelischen Plüschtier-Okkultismus kredenzen uns Goat in ihrem aktuellen Video. Einige bunte, dennoch nicht weniger bedrohliche Monster verfolgen da eine Frau, die im weiteren Verlauf des Videos anscheinend zu ihrer Königin wird. Nach der Logik sollte man besser nicht fragen und sich stattdessen an den farbenfrohen Kostümen, dem Bruch mit Klischees sowie der stimmigen Optik erfreuen. Vielleicht könnte sich da die ein oder andere Black Metal Band hier zu ihrem nächsten Video inspirieren lassen? (~Sebastian)
3. Wannabe Jalva – Miracle (Regie: Antonio Torriani)
Sex, Religion, Alkohol: Wannabe Jalva und Antonio Torriani zeigen gleich mehrere Arten, mit der täglichen Leere umzugehen. Der Clip wertet nicht, und obschon drei Geschichten erzählt werden kann man eine richtige Storyline nicht nachvollziehen. Doch gerade daraus speist sich die Faszination des nebenbei bemerkt ausgezeichnet gefilmten Videos. Wir folgen einem älteren Mann, einer jungen Frau sowie einer Bande junger Männer durch die Nacht und die Stadt. Dabei kommt es zu einigen nicht ganz jugendfreien Szenen, die jedoch nie unnötig provokativ wirken. Ein erfreuliches Kontrastprogramm zur Verherrlichung solcher Szenen einerseits und übermäßiger Moralisierung andererseits. (~Sebastian)
2. Kittyhawk – Welcome Home (Regie: Mitchell Wojcik)
„Welcome Home“ hält einen der fiesesten Twists seit langem bereit und erfüllt damit die Kriterien, die ein Videoclip im Sinne einer Kurzerzählung eben erfüllen sollte. Hier sieht man zu eigentlich ganz nettem Indie-Rock vier junge Menschen in verspielt-surrealer Atmosphäre nach einigen Spielereien letzten Endes den Freitod durch Einnahme von Gift vollziehen. Die Mischung aus Naivität und Suizid liest sich vielleicht unangebracht und absurd, wird von Kittyhawk aber schlüssig zusammengeführt und durch eine etwas holprige Regie unterstützt. Ein verschrobenes Kleinod, das nur knapp den Spitzenplatz verpasst hat. (~Sebastian)
1. Pissed Jeans – Boring Girls (Regie: Joe Stakun)
Regiesseur Joe Stakun, mit dem Pissed Jeans bereits zum dritten Mal in Folge zusammenarbeiten, beschreibt das Video zu „Boring Girls“ als eine Mischung aus „Full House“ und „Twin Peaks“. Solche Vergleiche sind natürlich zwangsweise immer ein bisschen bemüht, doch zumindest die Grundkomponenten Sitcom und krude David Lynch-Fantasterei treffen absolut auf den Clip zu. Ein unbedarfter Mittzwanziger träumt da von einem Date mit einem Mädchen, das auf dem Platzhalter-Bild in einem Fotorahmen zu sehen ist. Der Traum kippt jedoch überraschend schnell in eine Richtung, wie man sie die Musik eben vorgibt: garstig und irgendwie auch ein bisschen zynisch, dabei aber auch immer sehr unterhaltsam. Ein rundum gelungenes Video eines sichtlich eingespielten Teams, das sich den ersten Platz redlich verdient hat. (~Sebastian)