Die Festivalsaison ist im vollen Gange. Während diese Zeilen geschrieben werden, liegen Rock am Ring und Hurricane bereits hinter uns, das Fusion öffnet gerade seine Tore und viele weitere wie das Haldern Pop stehen noch an. Seit 1972 findet das einwöchige Roskilde Festival in Dänemark, unweit von Kopenhagen, statt. Das Non-Profit Festival zelebriert seit über vierzig Jahren nicht nur Gedanken der Nachhaltigkeit in Verbindung mit ausgewählter Musik, sondern auch den der Menschlichkeit. Dafür kooperiert das Festival mit Organisationen, die den Festivalgedanken weg von Beer Pongs um den der Chancengleichheit erweitern, und alle Einnahmen zu 100% an wohltätige Vereine spendet. Gleichzeitig lebt das Festival von der Freiwilligenarbeit. Das Roskilde Festival verspricht auf seiner Website mehr als Musik, Kunst, Essen und Parties zu sein. Worum es eine Woche lang geht, ist das Feiern der Gemeinschaft.
Um sich in die richtige Stimmung für ein Festival zu bringen, empfiehlt es sich vorab ins Line-up reinzuhören. Neben fetten Headlinern, finden sich traditionell viele internationale Künstler, die entdeckt werden wollen im Programm. Die Mischung aus allen Stilrichtungen und Genres von Doom Metal über Hip-Hop und Free Jazz zu Soul, die die Musikwelt zu bieten hat, ist beeindruckend. Das Roskilde Festival präsentiert die bunte Mischung mit einer Lässigkeit, die einfach cool ist. Eine Auswahl zu treffen bei dem gigantischen Line-up, ist gar nicht so einfach. Hier ist der Versuch:
Rosalía – schafft einen modernen Mix, dem man sich schwer entziehen kann. Lässig und feurig zugleich verbindet die katalonische Sängerin Traditionen ihres Landes mit Flamenco-Rhythmen und Pop. Ihre Zusammenarbeit bei „Barefoot In The Park“ mit James Blake zeigt ihre Vielseitigkeit.
Fontaines D.C. – könnte man als die irischen Tocotronic bezeichnen. Ihr Debüt „Dogrel“ überzeugt durch kompakten eleganten Punk.
Pardans – wenn wir bei Vergleichen sind, bemühe ich Palais Schaumburg. Etwas Dada. Jazz trifft auf Experimental Rock. Frank Zappa dreht sich zufrieden im Grab um.
Power Trip – Metalfreunde, das macht einfach richtig Laune. Crossover-Trash-Metal aus Texas.
Amyl and the Sniffers – aus Australien zahlt die Band dem 70er Jahre-Punk Tribut und erinnert optisch an Blondie. Musikalisch orientieren sie sich nach eigener Aussage an Die Antwoord und AC/DC.
Barselona – die Lo-Fi-Band aus Dänemark startete ihr Projekt auf dem Roskilde Festival und führt dort ihre Geschichte fort.
Full of Hell & The Body – okay, schnallt euch einfach an. Das ist 100% heavy. Vergesst jeden Gedanken, den ihr eben noch hattet, denn ihr vergesst ihn eh, wenn ihr umgeblasen werdet.
Joey Purp – der Rapper aus Chicago veröffentlichte im letzten Jahr sein Debütalbum „Quarterthing“, auf dem sich Gäste wie RZA und GZA befinden, das schillernd zwischen lässigen Trapbeats und trippenden Boom-bap changiert.
Lucy Dacus – das Debütalbum der Sängerin aus Richmond war zunächst nur als Schulprojekt angedacht. Um zu sehen wohin die Reise damit gehen könnte, stellte Lucy Dacus es doch der Öffentlichkeit vor und nicht wenig später wurde es ihr quasi von Matador Records aus den Händen gerissen. Ihre Lieder sind wie Kurzgeschichten, in denen man sich zu gerne verliert.
700 Bliss – sind ein am Club orientiertes experimentelles Underground-Projekt, das aus DJ Haram und Moor Mother aka Camae Ayewa besteht. In Philadelphia entstanden, gehört die Künstlerinnen gerade zu den spannendsten, die die elektronische Szene zu bieten hat.
Black Midi – danke London für diese vierköpfige, frenetische, schreiende, schlagende, wirrende Nachwuchsband, die ihr Album mit dem wunderoll klingenden Namen „Schlagenheim“ gerade herausgebracht haben.
Yves Tumor – lassen wir das mit den Schubladen spätestens jetzt. Yves Tumor hebt alle Regeln auf, sprengt Grenzen. Das ist Jazz. Da ist Bass. Da ist Noise. Da ist ganz viel Seele und Tiefgang. Mit Kollaborationspartner Sophie, aus Schottland stammend, der ebenfalls beim Roskilde dabei ist, fand er einen Musikproduzenten desselben Geistes.
Flohio – bringt uns Grime aus Südlondon und wir haben bie der Energie keine Zweifel, das von ihr noch viel zu hören sein wird.
Kikagaku Moyo – aus Japan habe ich dieses Jahr in Berlin zum ersten Mal live gesehen, wohin sie mittlerweile öfter eingeladen werden. In der Hauptstadt steht man auf den psychedelischen Krautrock vermischt mit indischen Ragas, im August sind sie auch in Hamburg zu Gast.
Beitragsbild: Lucy Dacus. Credit: Dustin Condren.