Pup sorgen für ordentlich Hype. Die Deutschland-Termine im Frühjahr ihrer Tour waren Monate im Voraus ausverkauft. Das dritte Album der Pop-Punk Band „Morbid Stuff“ ist gerade erst draußen – erschienen am 5. April über ihr bandeigenes Label Little Dipper und Rise Records – aber steht bereits in den Top 100 der Billboard Charts. Morbide Texte werden von Ohrwurm-Melodien begleitet, wütende Botschaften durch infizierende Gitarrenharmonien und einem kraftvollen Sound in Partysongs verwandelt. „Morbid Stuff“ ist das Ergebnis einer hartarbeitenden, ambitionierten Band, die sich auch von Rückschlägen nicht aufhalten lässt ihren Traum zu verwirklichen und frei macht von Ängsten.
Ihr zweites Album „The Dream is Over“ sorgte 2016 für ihren internationalen Durchbruch, woraufhin sie Frank Turner auf seiner Tour als Vorband begleiten durften. Ihre Videos wie „Sleep in the Heat“ wurden für zahlreiche Preise nominiert, u.A. die Juno Awards und Polaris Music Prize. Erst fünf Jahre nach der Bandgründung traf Sänger Stefan Babcock eine niederschmetternde Diagnose. Ein Arzt erklärte seine Musikkarriere wegen einer Zyste an den Stimmbändern für beendet. Pup haben sich dazu entschieden gegen alle Widerstände anzugehen. Die Kanadier haben nichts an ihrer Kraft verloren und scheinen sogar noch stärker geworden zu sein. Vor ihrem Auftritt im Hafenklang in Hamburg habe ich mich mit Stefan Babcock und Zack Mykula zusammen gesetzt und über ein Leben nach dem Tod, ihre Zusammenarbeit mit Stranger Things-Star Finn Wolfhard und ihr letztes Video „Free at Last“ unterhalten, das durch die Partizipation ihrer Fans entstanden ist.
Wie geht es euch?
Stefan: Gut! Sehr nettes Wetter hier.
Zum wievielten Mal seid ihr in Hamburg?
S: Ungefähr zum fünften Mal. Ende des Jahres kommen wir wieder. Es ist viel los dieses Jahr. Wir sind jetzt seit vier Wochen auf Tour und das geht bis Dezember so weiter.
Was gefällt euch am Touren und was sind die schwierigen Aspekte für euch? Ihr seid ja ziemlich weit entfernt von zu Hause.
Zack: So weit von zu Hause zu sein, ist eine Sache. Die andere ist, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. So ist das aber, wenn man Menschen schon sehr lange kennt. Was zu den Dingen gehört, die wir am Touren mögen, ist Orte zu sehen, an denen man zuvor noch nicht war.
Stefan: Die ganze Zeit mit Menschen zusammen zu sein, ist auf jeden Fall das Schwierigste. Besonders für mich. Aber gleichzeitig ist das Beste die Stunde, die wir auf der Bühne stehen, im Vergleich zu jeder Stunde meines Lebens, wenn ich nicht auf Tour bin.
Was bedeutet es für euch Zeit für euch allein zu haben?
S: Es ist wichtig Zeit für dich zu haben, um Energie wieder aufzuladen. Wenn wir die ganze Zeit zusammen sind, ist es manchmal schwer auf einem gewissen Level funktionieren zu müssen. Ich hole mir meine Energie, wenn ich allein bin und es ist schwer solche Momente auf Tour zu finden.
Z: Ich weiß nicht, wie sehr ich an Introvertiertheit und Extraversion glaube, aber jeder von uns hat noch zwei Extrajobs, die ihn einnehmen und wir alle nehmen uns diese Zeit zum Aufladen, auch wenn es auf Tour quasi unmöglich ist.
Die Freundschaft zwischen euch ist ein wesentlicher Aspekt bei euch. Vor allem, wenn ihr so viel Zeit auf so engem Raum miteinander verbringt. Zack, Du kennst Nestor seit deiner Kindheit.
Z: Ja, wir sind in der gleichen Straße aufgewachsen.
Und Stefan habt ihr am College kennen gelernt.
S: Ich habe Nestor am Ende des College kennen gelernt und er hat mir Zack vorgestellt.
Gibt es irgendwelche Momente aus eurer Kindheit/Jugend, die eure Freundschaft beschreiben?
Z: Ich weiß nicht, Nestor und ich haben immer das gleiche zusammen gemacht. Skaten gehen oder in Bands spielen, Musik hören, Filme gucken… Das ist bis heute so geblieben. Es war immer schon eine natürliche Entwicklung unserer Freundschaft – als Nestor angefangen hat Gitarre zu spielen, fand ich das cool und habe mit Schlagzeug angefangen.
Hatte irgendeine Subkultur Einfluss auf euch?… Skateboarding?
Z: Ich bin nur kurz geskatet. Als ich mit Schlagzeug angefangen habe, war mir das zu gefährlich mich beim Skaten zu verletzen. Ich habe lieber Schlagzeug gespielt und wollte mir meine Hände nicht brechen. Die brauche ich zum Spielen.
S: Wir haben alle ein bisschen geskatet, aber das hatte keinen Einfluss auf uns. Ich finde es sehr aufgesetzt sowas zu sagen. Wir sind alle durch unterschiedliche Musikrichtungen und Kulturen beeinflusst worden und haben da auch verschiedene Geschmäcker. Zack würde zum Beispiel Bad Religion sagen, ich Built to Spill. Wobei es für Zack auch zutrifft. Ich hasse es das zu sagen, weil es so künstlich klingt, aber es stimmt, dass wir bei Musik unterschiedlich beeinflusst wurden und deswegen nicht wie eine normale Punkband klingen. Es gibt sehr mehrere Songwriting-Strukturen bei uns durch die verschiedenen Köpfe.
Z: Auf mich hatten Videospiele einen großen Einfluss. Eine meiner ersten Erinnerungen wie ich auf Musik aufmerksam wurde, ist verknüpft mit Videospielen von SuperNintendo. Durch diese japanischen Komponisten, die diese verrückten Melodien für die Spiele geschrieben haben.
Was bei euch definitiv eine große Rolle spielt, sind eure Musikvideos. Ihr ward bereits für den Juno Award nominiert, in „Guilt Trip“ spielte Stranger Things-Star Finn Wolfhard eine Rolle, der auch in eurem neuen Video zu „Free at last“ zu sehen ist.
S: Ja, in dem neuen Video ist er für zwei Sekunden zu sehen. Aber davor hatte er größere Rollen.
Wie kam es zu der Verbindung? Habt ihr ihn beeinflusst Musiker zu werden?
Z: Das wäre ziemlich geil, wenn er das sagen würde. Es war aber so, dass unser Direktor Jeremy für unser Musikvideo „Guilt Trip“ die Rolle des jungen Stefan gecastet hat und da kam dieser Junge, der begierig aufs Schauspielern war. Er hat das großartig gemacht, seine Performance in dem Video spricht für sich. Alles, was er erreicht hat, kommt durch seine harte Arbeit und wir waren glücklich ihn für unser Video „Sleep in the heat“ zu bekommen. Wir sind immer noch befreundet.
Wie wäre es mal mit einem Cameo in Stranger Things?
S: Wir warten darauf, Finn! Wo bleibt die Anfrage?
Erzählt doch noch etwas zu der Idee hinter „Free at last“. Ich finde das Video super.
S: Bescheuert und super zur gleichen Zeit (lacht). Wir alle vier waren am Ende wie weggeblasen. Mit dem Ergebnis hat keiner von uns gerechnet. Wir haben den Aufruf gestartet für die Coverversionen und haben nicht damit gerechnet, dass über 250 Menschen darauf reagieren. Die Meisten waren richtig geil. Da war wenig Müll dazwischen, sondern viel kreativer Kram. Das sagt viel über die Menschen aus, denen diese Band etwas bedeutet. Es gibt dieses Level, auf dem Du weißt wie deine Fans drauf sind aufgrund der Liveshows, bei denen Du sie siehst. Aber es gibt dir keine Momentaufnahme wer diese Menschen sind. Das Video hat uns gezeigt, was das für Leute sind, die uns hören.
Z: Was wir cool fanden, war, dass unsere Fans andere Fans ermutigt haben an dem Video teilzunehmen und den Ergebnisse ´n Beifall zu klatschen. Das war schön zu sehen wie die Community funktioniert.
S: Ich glaube, Community ist das richtige Stichwort. Dieses Video hat mir gezeigt, dass sie viel stärker ist, als ich wusste.
Wie die Community funktioniert, wird dann auch beim Monate im Voraus ausverkauften Konzert im Hafenklang mehr als deutlich. Die Fans feiern die Band frenetisch mit Gesangschören, auch bei den neuen Songs „Kids“, „Sibling Rivalry“ und „Morbid Stuff“, so dass die 60 Minuten Stagetime gefüllt sind mit Stagedives sowohl von Fanseite als auch Stefan, der sich zwischendurch immer wieder nach dem Wohl der Leute erkundet. Der Band ist es wichtig, dass sich alle auf dem Konzert wohl fühlen und wissen, dass sie mit einem Handzeichen zeigen können, wenn sie Hilfe brauchen. Die wütenden, herausgeschrieenen Gesänge sollen nicht darüber täuschen, dass der Band viel an den Menschen in ihrer Umwelt liegt.
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Hat sich euer Selbstverständnis als Band noch einmal geändert, als ihr die Reaktion der Menschen auf euren Aufruf mitbekommen habt?
S: Ich empfinde noch mehr Dankbarkeit für die Menschen, die unsere Fans sind und so nette, kreative, witzige Menschen zu sein scheinen. Es sagt mehr über die Menschen um uns herum aus, als über uns.
Z: Ich denke diese Menschen sind super, ob mit oder ohne uns.
Was bedeutet es für euch eure Songs live zu spielen vor Menschen auf der ganzen Welt und mit ihnen in Kontakt zu treten?
S: Es ist geil und der Lohn für unsere Arbeit. Als wir mit der Band angefangen haben, ging es nur darum live zu spielen. Wir haben unsere erste Platte gemacht, um damit auf Tour gehen zu können. Es war nicht so, dass wir diese magische Sache in uns hatten, die wir rauslassen mussten (lacht). Wir wollten einfach live spielen. Es hat sich im Laufe der Jahre etwas geändert, aber live zu spielen und die eigenen Worte zurück ins Gesicht geschrien zu bekommen von Menschen ist definitiv der Lohn. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung und es ist schön zu wissen, dass wir für unsere harte Arbeit so belohnt werden ein Jahr gemeinsam in einem Van zu sitzen (Zack und Stefan lachen).
Wie sieht das Songwriting bei euch aus?
S: Bei jedem Song sieht das anders aus. Aber am Anfang gibt es immer nur ein Skelett. Weder das, was ich oder Nestor schreiben, ist etwas besonderes. Was das Besondere an dieser Band ist, dass jeder von uns vieren eine eigene Art hat eine Hook zu schreiben. Zack spielt Schlagzeug und normalerweise würde man denken, dass das kein Teil der Hook ist, was es bei uns aber ist. Jeder bringt seinen eigenen Geschmack, seine eigene Persönlichkeit mit ein und am Ende sieht es so aus, dass ein Song durch gemeinsames Jamming entsteht. Wir sind im Laufe der drei Alben immer besser darin geworden und das Ergebnis kann man auf dem neuem Album hören, wo wir bisher am meisten kollaboriert haben. Jeder von uns würde zustimmen, dass wir mit jedem Album besser werden. Für mich persönlich ist es unglaublich zu sehen wie aus einem Rohbau ein Song entstehen kann. Wir alle empfinden mittlerweile eine Freiheit unsere Persönlichkeiten und Einflüsse mit einzubringen.
Z: Es geht um die Freiheit das tun zu können, aber auch um Selbstvertrauen. Umso öfter Du das zusammen machst, umso wohler fühlst Du dich dich individuell in der Band zu präsentieren. Es gibt diesen natürlichen Wettbewerb untereinander das Beste zu zeigen und das heizt uns gegenseitig an.
S: Beim Songwriting sind die ersten drei Songs immer am Härtesten. Es wird erst mit dem Üben besser. Wir haben den Anspruch in einem Song alles einzufangen, was diese Band ist. Damit üben wir auf uns selbst sehr hohen Druck aus.
Da wir gerade Ostern haben. Welche Rolle spielt Religion für euch?
S: In der ersten Zeile des zweiten Songs der neuen Platte sage ich „I’ve been navigating my way through the mind-numbing reality of a godless existence“. Das fasst zusammen wie ich über Religion denke.
Glaubt ihr an ein Leben nach dem Tod?
S: Nein. Ich nicht.
Z: Ich glaube, dass das Leben weiter geht, wenn wir sterben.
S: Ja, für die anderen Menschen (lacht).
Z: Das Universum hört nicht auf zu existieren, wenn wir sterben.
S: Ich weiß es nicht.
Z: Ich denke, es ist besser zu bestätigen, dass man nichts weiß, als etwas zu bekräftigen, was falsch sein könnte.
S: Interessant, das hat uns noch niemand gefragt.
Ich finde es spannend, den Künstler von seinen Texten zu trennen.
Z: So wie Tom Araya von Slayer. Er schrieb Songs über Satan und Menschen zu töten und ist sehr religiös. Wir haben keine Botschaften zu den Themen Religion oder Politik, aber das, was wir machen ist authentisch.
S: Ich denke, Aufrichtigkeit ist unterbewertet. Menschen sind clever genug zu durchschauen, wenn jemand bullshit redet. Wir sind alle wie wirsind und die Menschen akzeptieren das oder nicht. Wir sind mit jeder Platte selbstbewusster geworden zu sein wie wir sind und bestärken sowohl das Gute als auch Schlechte ineinander. Indem wir das annehmen, lernen wir uns unserer Selbst bewusster zu werden.
Pup kommen Ende des Jahres erneut auf Tour in Deutschland, checkt die Daten. Um es mit ihren Worten vom zweiten Album zu sagen „If this tour doesn‘t kill you, I will“!
10. November 2019: Hamburg – Knust
11. November 2019: Berlin – Bi Nuu
14. November 2019: München – Backstage Halle