Unbekannt, sterblich, orchestral – alles Definitionssache. Unbestreitbar allerdings: verschroben. Einst als Soloprojekt im heimischen Keller entstanden, bringt Kopf Ruby Nielson nun mit seiner vierköpfigen Band Unknown Mortal Orchestra ihre eigensinnige Musik auf die Bühnen der Welt, die nicht in einfache Schubladen passt. Doch die Verneigung vor musikalischen Größen ist unverkennbar. Was hätten Prince oder Jimi Hendrix zu dieser Band gesagt?
Düsterer, trippender und dancelastiger Elektro eröffnet den Abend. Voract Makeness steht alleine auf der Bühne, umgeben von Synthesizern, behängt mit seiner E-Gitarre und gibt dem frickeligen Musik-Nerdtum heute Abend eine gute, stimmungsvolle Vorlage.
Es handelt sich bei einem Konzert von Unknown Mortal Orchestra um keine einfache Spazierfahrt. Wer sich vorab bereits mit der Musik der Band beschäftigt hat, hinter der Kopf Ruby Nielson aus Neuseeland steckt, weiß, dass diese mit verschiedensten Stilen experimentiert: darunter Soul, Psychedelic Rock, Acid Funk und Disco. Ruby und sein Bruder Kody lebten einen ähnlichen, aber Indie-lastigeren Mix bereits mit ihrer Band The Mint Chicks aus. Seit über zehn Jahren leben sie bereits in Portland, wo auch ihre Nachfolgeband Unknown Mortal Orchestra entstand. Neue Heimat, neue Band, gleiche Experimentierlust. Seine Stimme weiß Ruby vielseitig einzusetzen: meistens klingt sie weich und hoch, doch auch mal gepresst und knartschig. Bei einer seiner wenigen Ansagen während des Konzerts wird erst deutlich welche eine tiefe Stimme er von Natur aus hat.
Leider ist der Anfang des Konzert nichts besonders gut abgemischt, den Gesang kann man durch einen Soundteppich, der keine Nunancen zulässt, kaum differenzieren. Doch dies wird zum Ende des Konzerts besser. Dabei fordert das Konzert so schon volle Konzentration und Hingabe: die Besucher werden auf eine Reise durch Kostproben aller Alben der letzten sieben Jahre geschickt. Sowohl der erste, über das Internet bekanntgewordene Song „Ffunny Ffriends“ bekommt seinen Platz in der Setlist, als auch „Swim and Sleep (Like A Shark)“ und „So Good At Being In Trouble“ von ihrem zweiten Album „II“. Der disco-artige Song „Can’t Keep Checking My Phone“ und „Multi-Love“ vom gleichnamigen Album der Vorreitersingle dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen. Für die Gitarrensoli – von denen es einige bei diesem Konzert gibt – geht Ruby immer wieder in die Knie, ganz vertieft in sein Instrument. Bis auf ein paar „Dankeschön“ spricht er kaum mit dem Publikum, stellt dafür mehrfach die Band vor. Diese ist ein wichtiger und zentraler Aspekt für ihn, das merkt man. Beinahe jedes Lied endet in entfesseltem Spiel, das sich in endlosen Melodien verliert und dabei das Talent der Musiker zeigt. Die bunten Lichter unterstützen den Flowerpower-Vibe der 60er, aber auch die 70er haben die Musiker offensichtlich beeinflusst.
Auch die fünf Song starke Zugabe fällt noch einmal ausufernd aus. Das ist sicherlich dem kreativen Output und der Spielfreude der Band zuzusprechen. Da gleicht der musikalische Ritt gleich einem endlosen Trip. Solange wir auf dieser Erde weilen, seien wir uns unserer Sterblichkeit doch bewusst und genießen den Moment, scheint uns Unknown Mortal Orchestra sagen zu wollen – auch, wenn die Ohren dabei etwas dröhnen.