Antifaschistische Bierzeltmusik, linke Heimatmusik oder Kultpunk. Es gibt viele Versuche, die Musik und auch alles andere, was die Band Feine Sahne Fischfilet momentan auf die Beine stellt, in Worte zu fassen. Am 12.01 haben die Punkrocker ihr neues Album „Sturm und Dreck“ veröffentlicht. Das ging so durch die Decke, dass schon drei Tage später klar ist, es müssen ordentlich CDs nachgepresst werden. Ich habe Jan Gorkow aka Monchi und Christoph Sell auf St. Pauli zum Gespräch getroffen.
Feine Sahne Fischfilet wird mittlerweile als bekannteste deutsche Punkband bezeichnet, zierte bei Spotify das Cover der „Rock Brandneu“-Playlist und ist bald sogar im Kino zu sehen. Die Band hat „Die Toten Hosen“ auf Tour begleitet und spielt selbst auf den größten deutschen Bühnen und Festivals. Monchi und Christoph zu treffen, fühlt sich allerdings nicht an wie mit Rockstars abzuhängen. Im positiven. Mit einem Lächeln, kräftigen Handschlag und gewohnt norddeutscher Attitüde begrüßt mich Monchi. Wenn man sich vor Augen führt, was die Jungs aus Mecklenburg Vorpommern in den letzten Jahren veranstaltet haben, fällt das schwer zu begreifen. Das geht nicht nur mir so sondern auch der Band selbst.
Die haben mit Punk nichts mehr zu tun.
Jetzt mag man mutmaßen, dass Feine Sahne Fischfilet die übliche Metamorphose vom Untergrund bis zum Mainstream durchlebt haben. Und irgendein Mann mit bunten Haaren würde an dieser Stelle jetzt rufen: „Die haben mit Punk nichts mehr zu tun.“ Aber die Band sieht das gelassen anders. „Für den einen sind wir zu politisch, für den anderen zu unpolitisch, für den nächsten zu prollig und für den anderen zu sensibel. Irgendwann ist das auch relativ latte. Wenn Leute sich einen darauf runterholen, nur in ihren eigenen Blasen zu existieren, dann ist das für mich okay. Aber ich muss mich daran nicht orientieren. Für mich ist das einfach nur der Oberhammer, was wir gerade erleben dürfen“, sagt Monchi. Anzuecken ist die Band sowieso gewohnt und klar ist auch, dass es in den eigenen Reihen auch mal rumort. Aber für Monchi und Christoph steht eines fest: Eine Große Bühne bedeutet ein großes Publikum, das neben der Musik auch die Texte, Ansprachen und das Drumherum mitbekommt. „Inhalte rüberbringen aber trotzdem ein großes Publikum erreichen ist für uns wichtig“, sagt Christoph. „Wenn uns dann irgendwer erzählen will von wegen „nicht mehr true“ oder „das ist kein Punkrock mehr“, dann ist Punkrock auch wirklich scheißegal. Dann war ich nie Punker“, fügt Monchi hinzu und lacht. Trotzdem ist es Monchi wichtig deutlich zu machen, dass er nicht nur „rumlabert“ sondern auch viel selbst in die Hand nimmt. „Ich glaube wir lassen aber auch Taten sprechen und sind nicht auf einmal irgendwelche Hippies die anfangen zu labern: Friede, Freude, Eierkuchen – ist doch alles super, sondern machen eine Aktion wie „Noch nicht komplett im Arsch“. Fahren zwischen den Festivals auf irgendwelche Dörfer und reißen da irgendwelche Aktionen ab. Und sowas hat Kontinuität bei uns. Wenn jetzt jemand sagt, dass wir Assis sind, weil wir zwischendurch auf dem Highfield spielen, dann bin ich gerne ein Assi“, macht Monchi deutlich.
Zurück in unserer Stadt
„Zurück in unserer Stadt“ heisst der erste Song des neuen Albums. Und zurück in der Heimat, auf den Dörfern in Mecklenburg Vorpommern, das sind Feine Sahne Fischfilet wirklich gern. Egal ob es darum geht – wie bei der Kampagne „Noch nicht Komplett im Arsch“ – den Leuten gegen den Rechtsruck Mut zu machen, oder einfach nur bei Freunden und der Familie zu sein. Stabile Kreise, gute Freunde und ein familiäres Umfeld sind Monchi extrem wichtig. Ein Heimatbezug zieht sich über das ganze Album. Mal laut und provokativ aber auch mal verliebt und sentimental. „Wir sind zurück in unserer Stadt, mit zwei Promille durch die Nachbarschaft, wir sind zurück in unserer Stadt und scheißen vor eure Burschenschaft“ singt Monchi in dem Song. Ein Song der samt Video wohl eher in die Kategorie „Provokant“ fällt. Freundschaft, Lust, Hass und Wut zusammengeballt in einem Auto, das nach einer durchgefeierten Nacht sowieso abgefackelt wird. „Wir wollten mal gucken ob Punks wirklich dead sind. Und die Leute drehen auf jeden Fall durch. Das ist quasi eine Selbstbekenntnis, dass wir einfach unser Ding machen. Es geht um Punkrock aber auch darum, was unsin unseren Heimatstädten ankotzt. Aber das mit einem positiven Lächeln und dabei zeigen: Hier fickt euch!“, sagt Christoph und muss lachen. Besonders freuen sich die beiden darüber, dass sich genau diejenigen über den Song ärgern und angesprochen fühlen, die auch gemeint sind. Es hatte nicht lange gedauert, dann hatte sich die Greifswalder Burschenschaft auf Facebook zu Wort gemeldet, samt inszenierten Foto und Gruß an die „pseudorevolutionären Wohlstandskinder“ von Feine Sahne Fischfilet. Zu sehen war ein Panzer, der ein Monchichi überrollt. „Am Freitag um 23:00 Uhr so etwas zu posten. Die haben nichts anderes zu tun. Das ist doch Zucker. Mehr geht nicht. Da ist man nicht schockiert, sondern feiert“, freut sich Monchi. Trotzdem nehmen sie das Thema Burschenschaften sehr ernst. „Ich finde Burschenschaften sind in dem aktuellen gesellschaftlichen Klima ein großes Problem. Gerade dieses deutsch-konservative, nationalistische Weltbild was die vertreten, ist genau das, was ich ablehne. Die sind frauenfeindlich wie sonst was. Die Burschenschaften Rugia und Germania haben meines Erachtens ganz klare Nazikontakte und Leute die bei der Identitären Bewegung sind. Das sind Geschichtsrevisionisten oder halt Nazis. Und den wollen wir natürlich gehörig ans Bein pissen“, erklärt Christoph mir mit einem Lächeln.
Angst frisst Seele auf
Generell sind die Songs des neuen Albums nicht weniger politisch als die auf den letzten Alben. Trotzdem gibt es meistens einen persönlichen Ausgangspunkt. Das Lied „Angst frisst Seele auf“ hat Monchi der Linken Abgeordneten des Landtags Hessen Katharina König-Preuss geschrieben. Sie sitzt im NSU Untersuchungsausschuss und macht extrem gute Arbeit. Die Rechtsrockband „Erschießungskommando“ hatte ihr ein Lied gewidmet, indem sie drei Minuten davon singen, Katharina König-Preuss umzubringen. „Wenn man so ein Lied hört, dann ist es das größte Geschenk, dass man sowas wie eine Band hat, die darüber ein Lied schreibt, um damit umzugehen“, sagt Monchi und spricht die Zeile aus dem Song noch einmal vor: „Sie singen davon dich zu töten, im Herbst schickst du mir dieses Lied. Es trifft dich härter als jeder Stein wie oft fühlst du dich allein. Wenn alle mutlos sind, halt ich mich an dir fest und schlag zurück, denn Angst frisst Seele auf.“ Und wieder ist es einer dieser Momente, in denen man Monchi anmerkt, wie wichtig es ihm ist, dass Freunde zusammenhalten, sich gegenseitig aufbauen, aufstehen und weitermachen. „Wir als Band und Freunde, wir können uns auffangen. Das kann kein schlauer Artikel und kein Flyer leisten. Und dann ist es einfach etwas wunderschönes, was man mit so einem Song machen kann,“ sagt Monchi.
Mit Neunzehn bekam ich zwei Jahre auf Bewährung, nicht die Freunde sondern ihr zahlt die Rechnung. („Niemand wie ihr“)
Mit den Songs etwas zu verarbeiten ist für die Band eine wichtige Komponente des Musikerdaseins. Verständlich ist es auch, dass es nicht immer leicht fällt diese Songs live zu spielen. Das Schreiben der Songs teilen sich Christoph und Monchi. Beide haben aber auch ihren ganze persönlichen Song auf der Platte. Bei Monchi ist es „Niemand wie ihr“ und bei Christoph „Alles anders“. Beide Songs erzählen eine intime Geschichte. Monchi hat den Song für seine Eltern geschrieben und erzählt von seiner Jugend. Dabei bemüht er sich nicht, sich in ein gutes Licht zu stellen, sondern ist so ehrlich, dass es ihm selbst schon fast weh tut. „Wenn ich jetzt diesen Song „Niemand wie ihr“ spiele, dann ist das kein Song an dem man rangeht und denkt: „Mensch, da werden die Leute abgehen. Sondern da sind einfach auch richtig peinliche Sätze drauf, die für einen selber vielleicht nicht so cool wirken“, gesteht Monchi ein. Trotzdem freut er sich riesig darauf, den Song live zu performen. „Die Vorstellung den Song nicht zu spielen, da würde ich kotzen. Diese Zeilen für meine Eltern könnte ich ohne meine Band so nicht vermitteln. Wenn ich singe: „Mit Neunzehn bekam ich zwei Jahre auf Bewährung, nicht die Freunde sondern ihr zahlt die Rechnung“, „Sollte ich mal Kinder haben, will ich so sein wie ihr. Ich finde scheiße was du machst, aber ich steh zu dir“ oder ich erzähle davon, dass ich meine Schwester ständig beklaut habe. Das sind Momente, wenn du das deinen Eltern vorspielst, da bist du dankbar eine Band zu haben“, sagt Monchi. Eine Veränderung im Punk merkt man an der Band Feine Sahne Fischfilet deutlich. Es ist keine Rebelligkeit gegen eine alte Generation oder die Eltern, sondern viel mehr eine politische Rebelligkeit die mit voller Wucht, Sympathie und Kraft durch Familie und Freunde zuschlägt. „Wir haben das Privileg, dass alle von uns richtig geile Familien haben. Das ist ein riesengroßer Punkt, den ich erst mit den Jahren gecheckt habe. Deshalb kommt es selten zu den Momenten, dass man sich wirklich alleine fühlt“, stellt Monchi fest.
Alles anders
Christoph verarbeitet in seinem Song „Alles anders“ eine Trennung. In der Musik haben Trennungslieder Tradition, egal in welchem Genre. Meistens geht es um die heftigen Emotionen, die Wut und oft auch um Verachtung. Bei „Alles anders“ ist alles anders. Voller Gefühl und extrem reflektiert kommt der Song ausnahmsweise ohne Schimpfwörter aus und bietet auf eine unglaublich schöne Art und Weise die Möglichkeit, sich mit der Situation zu identifizieren. „Das ist Hammer. Ich denke mir, okay, wenn ich mich mit einer Person trenne und mir jemand so ein Lied schreibt…Geil! Da hat man das Gefühl: „Du Schlampe, verpiss dich, du Scheißtyp, aus Liebe heraus und durch die Emotionen, aber dann so ein krass intimes, schönes Lied für eine Person zu schreiben mit der man sich getrennt hat, das ist einfach nur Hammer“, lobt Monchi seinen Kumpel. Die Band Kraftklub hat eines der wohl bekanntesten Trennungslieder auf ihrem neuen Album herausgebracht. Im Song „Dein Lied“ brüllt jetzt ein ganzes Festival „Du verdammte Hure“ mit. Ob das ein cooler Umgang ist oder nicht, darüber lässt sich diskutieren. Feine Sahne Fischfilet sind jedenfalls happy, dass sie es anders handhaben. „Ich kann verstehen, wenn man da dann abkotzt in so einem Moment. Das hat auch jeder von uns schon. Dann lässt du den ganzen Scheiß raus, die ganzen Emotionen. Liebe ist, glaube ich, auch das krasseste, was man haben kann. Aber daraus ein Lied zu schreiben ist nochmal etwas anderes“, sagt Monchi. „Ich find es geil, dass wir das anders machen, will mich damit aber auch nicht profilieren. Wir schreiben die Lieder so wie wir sie in unserem Herzen fühlen“, fügt Christoph hinzu.
Wildes Herz
„Wildes Herz“ ist dann vielleicht auch der passende Titel für einen Film, der wohl die bisher spannendste Zeit von Feine Sahne einfängt. Charly Hübner und sein Filmteam haben die Band über drei Jahre lang begleitet und einen vielversprechenden Film gedreht. Viele Projekte hat Feine Sahne Fischfilet schon gemacht. Das ist aber etwas anderes, es ist kein Projekt von der Band sondern über die Band. „Das war nicht immer leicht, aber es war etwas sehr besonderes. Für mich war es teilweise hart aber auch sehr schön. Für uns als Band hat der Film eine sehr besondere Zeit eingefangen. Von Studio Arbeiten bis hin zu fetten Konzerten über „Noch nicht komplett im Arsch“ mit sehr, sehr intimen Momenten.“ Das merkt man auch schon im Trailer des Films. „Jetzt fährt der fette Monchi will jetzt mit seiner Kapelle übers Land ziehen und die Leute bekehren“, sagt Monchi dort selbstironisch. Am wichtigsten war, dass der Film authentisch ist, dass Freunde, Familie und Band sagen können „Jupp, das ist realistisch“. Wenn Monchi könnte, würde er einige Szenen aber gerne weglassen, gibt er schmunzelnd zu. „Ich glaube die haben einen Film gemacht, der den Leuten Kraft gibt. Er zeigt auf jeden Fall, dass Menschen richtig geilen Scheiß machen können aber dafür keine Helden sein müssen. Es wird kein ideales Bild vermittelt. Wir haben alle unsere guten und beschissenen Seiten. Es geht halt darum mutig zu sein und nach vorne zu gucken. Das zeigt der Film ziemlich cool“, erzählt Christoph und fügt hinzu: „Wir haben uns immer sehr gefreut, wenn die da waren Ich hab das als etwas sehr schönes, bereicherndes wahrgenommen. Das ganze Filmteam ist sehr cool. Wir haben uns mit denen angefreundet und Charly ist einfach ein geiler Typ.“
Wir sind keine Sozialarbeiter-Band.
Vor Allem die Kampagne „Noch nicht komplett im Arsch“ hat die Band, sicherlich den Film aber vor allem das neue Album „Sturm und Dreck“ geprägt. „Noch nicht komplett im Arsch – Zusammenhalten gegen den Rechtsruck“ ist eine Kampagne von Feine Sahne Fischfilet. Sie selbst sehen es als kulturelle Offensive in Mecklenburg-Vorpommern an. Vor der Landtagswahl im August und September letzten Jahres sind sie in die Dörfer gefahren, haben Konzerte mit anderen Künstlern gespielt, Lesungen und Diskussionen organisiert und andere Aktionen gerissen. Dass die Wahlen dennoch so ausgegangen sind, ist für die Band und die Kampagne „Noch nicht komplett im Arsch erstmal „scheißegal“. „Scheiß drauf, dass die Wahlen so scheiße waren. Ich finde dieses Rumgeheule widerlich. Dieses überrascht sein von Leuten überrascht mich. Das ist ja nicht aus dem luftleeren Raum gekommen, dass die AfD in McPomm und auf Bundesebene so viel Prozent hat. Bei uns hat die NPD, eine offen nationalsozialistische Partei, die letzten zwei Legislaturperioden im Landtag gesessen. Da gibt es eine verfestigte neofaschistische Szene. Das sind nicht nur Naziglatzen sondern Teile der Gesellschaft“, gibt Monchi zu denken. Der Anspruch von Monchi und seiner Band war aber auch nicht die Wahlen zu beeinflussen, sondern zusammen mit den Menschen auf den Dörfern etwas zu veranstalten und sich gegen den Rechtsruck zu stellen. „Wir sind keine Sozialarbeiter-Band. Es geht nicht darum, irgendwelche Nazis zu überzeugen, sondern die Leute in den Provinzen zu stärken, die cool sind, mit denen gemeinsam etwas reissen.“ erzählt Monchi. Auch der Song „Wir haben immer noch uns“ ist aus dieser Zeit hervorgegangen. Es sei dieses Gefühl, nicht alleine zu sein und etwas bewegen zu wollen, das vermittelt würde. „Es ist ne reudige Zeit, aber es ist nicht an der Zeit irgendwelche apokalyptischen Lieder zu schreiben und vom Weltuntergang zu singen sondern: Kopf Hoch, Brust raus. Nach vorn, da geht noch was. Davon bin ich überzeugt“, sagt Monchi.
Im Kulturellen Brachland auch ein paar Weichen zu stellen, dass ist Monchis Hoffnung. Vielleicht würde man auch später daher noch die Früchte ernten können. Die Menschen in den Dörfern fühlen sich auf alle Fälle von der Politik verarscht, und das auch zurecht, erzählt mir Monchi. Fest steht, ob auf einer großen Bühne oder auf einem Anhänger mit Boxen, die Message der Band bleibt die Gleiche. „Unser Privileg ist der Bekanntheitsgrad. Und den Nutzen wir schamlos aus, für das, was wir geil finden“, sagt Monchi.
Aber wir gehen nach Loitz…
Dabei ist die Ambivalenz zwischen Riesenbühne und Dorfkonzert wohl das verrückteste, was man sich als Musiker vorstellen kann. Viele Künstler wollen nach dem Betreten der „Rock am Ring“ Bühne nie wieder auf eine kleine Bühne zurück. Aber Feine Sahne Fischfilet lieben das. So kommt es, dass ihre Releaseparty wieder, wie bei den letzten Alben auch, auf dem Dorf stattfand. „Ein Management würde dir sagen: Mensch mach das doch in Berlin in irgendeiner riesen Halle. Aber wir gehen nach Loitz in den Kultursaal, wo nix drin ist und stellen die ganze Technik rein. Dort war auch unser erster Proberaum. Die erste Releaseparty von unserem Album wurde damals vom Bürgermeister abgesagt. Der sagte, dass er Angst hat vor den Nazis, weil die gedroht haben mit Bussen zu kommen. Die haben auch überall Aufkleber mit meinem gespaltenen Kopf verteilt. Und jetzt, vier Alben weiter, machen wir das da. Geil!“, erzählen mir Christoph und Monchi in einer Mischung aus nostalgisch und euphorisch. Feine Sahne haben sich jetzt übrigens erst nach zehn Jahren wieder einen Proberaum aufgebaut und „Sturm und Dreck“ dort aufgenommen. Schon nach vier Monaten wurden die Fensterscheiben eingeschlagen, Buttersäure und ein Zündwürfel in den Raum geschmissen.
Beim Treffpunkt, ein Kulturzentrum, explodierte fünf Minuten vor seiner Ankunft eine Bombe.
Aber Feine Sahne Fischfilet lassen sich ihren Mut nicht so schnell nehmen. Besonders berührt hat mich der Song Suruc. Suruc ist eine von Kurden besiedelte Stadt grenzend an Syrien gegenüber von Kobane. 2015 ist der Sänger Monchi, wie schon öfter, mit „MV für Kobane“ nach Suruc gefahren. Er betreute einen Lastentransport mit Medizinischen Hilfsmitteln aus der Türkei. Beim Treffpunkt, ein Kulturzentrum, explodierte fünf Minuten vor seiner Ankunft eine Bombe. Eine Bombe, die Unterstützern der Stadt Kobane galt, so wie Monchi einer ist. „Das ist eine Situation, wo extrem viele Gefühle zusammenkommen. Und ich glaube in der Situation checkt man diese Gefühle noch gar nicht so sehr“, fängt Monchi an zu erzählen. „Wir haben an einem Samstag auf dem Deichbrand Festival gespielt. Ein Freund von mir hat Junggesellenabschied gefeiert. Ich hab die alle in den Backstage reingeholt. Da haben wir uns dann alle halb tot gesoffen. Im Ernst. Im Kofferraum wurde ich nach Hause gefahren. Das war ein Konzert vor 10.000 Leuten. 38 Stunden nach diesem Konzert stehe ich dann zwischen 30 Leichen. Wir mussten zum Kulturzentrum Amara und waren um 12 Uhr verabredet. Von dort aus wurde der ganze Support für Flüchtlinge usw. organisiert. Um 12 Uhr explodiert dann da die Bombe und um 12:05 kommst du an. Ich hatte noch einen Tee getrunken bei einem Bekannten,“ erzählt Monchi und macht immer wieder eine Pause. Man merkt, dass ihm das Nahe geht aber man merkt auch, wie wichtig es ihm ist, sich selbst nicht als Opfer zu inszenieren. „Was das krasseste für mich war, das soll auch das Lied ausdrücken, es gibt diese Scham, die man fühlt, aber vor Allem dieser krasse Respekt vor den Leuten, die dort Leben und sich dem IS in den Weg stellen“, erklärt Monchi. „Wir waren noch bis Donnerstag da und es war sehr, sehr beeindruckend. Wir waren noch mehrere Stunden nach dem Anschlag da und sind die Tage immer wieder dahin gefahren. Und der Umgang der Leute damit war einfach nur beeindruckend. Da hat sich niemand zurückgezogen. Das Kulturzentrum war auf einmal voll. Da lag noch das Blut und die zerborstenen Scheiben und die haben dieses Feeling verbreitet und es wurde mir auch immer wieder übersetzt: „Wir geben nicht auf“. Das stand gar nicht zur Debatte, es musste weitergehen. Daher kommt auch die Zeile „Wir habens verteidigt, bauens gemeinsam wieder auf.“ Das ist genau von einem Transparent, dass dort vor Ort getragen wurde. Diese ganz verschiedenen Leuten hatten den IS verdrängt und wollten zurückkommen und Spielplätze, Krankenhäuser etc. zuerst wieder aufbauen. Ganz vorne wurde dieses Banner getragen und dahinter ist die Bombe explodiert“, fügt er hinzu. Ob es dann die richtige Entscheidung war, am Montag wieder aufzutreten weiss er selbst auch nicht. Für Monchi war es würdelos aufzutreten, aber es wäre für ihn auch falsch gewesen, nicht aufzutreten. Nicht er sei schließlich das Opfer, sondern die Menschen, die dort unten sind. „Dann ruft da noch irgendein besoffener Punker: „Ey, hör auf zu quatschen“. Da denke ich mir: „Dem scheiß Punker schlage ich seine Fresse ein.“ Ich sag das auf der Bühne, hätte es auch gerne gemacht, wenn ich gesehen hätte, wer das gerufen hat. Ist aber vielleicht auch kein Moment, wo man als Band auf der Bühne sein sollte“, gibt Monchi zu und fügt abschließend hinzu: „Eine halbe Stunde vor dem Konzert war das erste Mal als ich geheult habe danach. Dieses Lied ist eine Verarbeitung dessen. Und es soll den Respekt für alle Leute ausdrücken, die sich dort unten den IS in den Weg stellen.“
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