Mit ihrem Album „Vile Luxury“ haben Imperial Triumphant ein wahres Bollwerk abgeliefert. Das New Yorker Avantgarde-Death-Black-Metal-Fusion-Trio kommt im April auf Europa-Tour.
Ich durfte – aus dem Augenwinkel – einen Blick hinter die Kulissen der Band werfen und dem Sänger und Gitarristen Ilya ein paar Fragen stellen.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview genommen hast. Für euch steht eine große Europa-Tour an – wie fühlt ihr euch?
Wir sind aufgeregt zu neuen Horizonten aufzubrechen.
Auf was freut ihr euch am meisten auf der Tour?
Zum einen für Fans zu spielen, die uns noch nie live gesehen haben und zum anderen Orte zu sehen, an denen wir normalerweise während einer Tour nicht halt machen würden. Minsk zum Beispiel.
Die Produktion von „Vile Luxury“ habt ihr wieder Colin Marston anvertraut. Wenn man sich eure Releases anguckt, begleitet er euch in dieser Rolle schon lange. Ist er mittlerweile vielleicht schon eine Art viertes Bandenmitglied? Und wie viel Einfluss hatte er auf eure Entwicklung als Band?
Er hat einfach sehr viele unserer Lieblings-Alben produziert und arbeitet mit einer Menge der NYC-Bands zusammen. Colin ist eine geniale Kombination aus Tontechniker, Mischer und Produzent – es bringt unglaublich viel Spaß mit ihm zu arbeiten.
New York City scheint eure größte Inspirationsquelle zu sein, wie sähen Imperial Triumphant aus – sagen wir mal – Washington, D.C. aus?
Imperial Triumphant aus Washington D.C. wären vermutlich sehr viel politischer. Vielleicht aber auch nicht. Für uns war es immer wichtig über etwas zu schreiben, das wir sehr gut kennen. Ein logischer Umstand. Wenn du mich fragst wovon unsere Musik handelt, dann sage ich „New York City“. Hinter dieser Aussage stehe ich voll und ganz. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht. Zu viele Bands schreiben Songs über Themen, die sie selbst nicht verstehen, nur weil wiederum andere Bands das auch machen. Sowas interessiert uns einfach nicht.
Meine letzte Frage mit New York-Bezug: Was hat die Stadt dir gegeben und was genommen?
Eine sehr gute Frage! Die Stadt gibt mir mehr Energie und Motivation, als jede andere Stadt, in der ich jemals gewesen bin. Aber sie nimmt einem auch sehr viel. Der größte Diebstahl, wenn man so will, ist, dass ich überhaupt keine Verbindung zur Natur habe. Daraus ergibt sich, dass Metropolen auf mich sehr viel beruhigender wirken, also der sogenannte idyllische Wald.
Neben der Tatsache, dass mich „Vile Luxury“ immer wieder und wieder in seinen Bann zieht, hat der Song „Chernobyl Blues“ eine besondere Anziehungskraft auf mich. Besonders die letzte Zeile „Наши забыли имена“ (Unsere Namen wurden vergessen) im inhaltlichen Kontext. Was ist die Geschichte hinter dem Song und warum gerade Tschernobyl?
Wir fokussieren uns gerne auf die Dunkelheit, egal woher sie stammt. Vor einigen Jahren hatte ich die Idee, ein paar „russische Doom Songs“ zu schreiben. Entstanden sind dabei „Krokodil“ (auf Abyssal Gods) und eben „Chernobyl Blues“ (auf Vile Luxury). Zwei Lieder, die auf den Alben hervorstechen. „Chernobyl Blues“ haben wir in fünf oder sechs Sessions geschrieben, anschließend sind wir direkt ins Studio, um den Song aufzunehmen. Wir wollten uns nicht in Details verlieren, da sonst die rohe Energie verloren gegangen wäre.
Den Text steuerte Sasha Davydova bei, eine alte Freundin von mir. Sie war gerade auf Heroin-Entzug und sie spricht fließend Russisch, daher war ich mir sicher, dass sie genau das im Text aussagen und gesanglich verkörpern würde, was ich mir vorstellte.
„Наши забыли имена“ bedeutet „unsere Namen wurden vergessen“. Es bezieht sich auf die Menschen, die durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl starben und die, die versucht andere zu retten. Sie alle wurden „vergessen“, als die Regierung der Sowjetunion versuchte den Vorfall zu vertuschen.
In eurer Musik findet sich eine unglaublich große Vielfalt an Instrumenten: Wie macht ihr das live? Habt ihr Live-Musiker zur Unterstützung dabei, kommt alles was ihr nicht abdeckt vom Tonband oder lasst ihr die Parts ganz weg?
Das handhaben wir unterschiedlich. Einige kommen vom Tonband, andere lassen wir ganz weg. Zu speziellen Anlässen oder zu Festivals laden wir auch mal Gastmusiker ein. Wir sind aber auch nicht daran interessiert, unsere Alben live einfach nur abzuspulen. Auf der Bühne hörst du bei uns auch Sachen, die du nie auf einem Album hören wirst.
Spätestens seit „Vile Luxury“ habt ihr eure visuelle Erscheinung mit den goldenen Masken gebrandet. Was wollt ihr mit ihnen aussagen oder vielleicht sogar verschleiern?
Die Masken haben eher einen rituellen Charakter, als dass sie unsere Identitäten verschleiern sollen. Wir tragen sie nur während unserer Auftritte. Es geht wie gesagt nicht darum, dass niemand unsere Gesichter sehen soll. Im Jahr 2019 kann man sich sowieso nicht mehr verstecken. Dafür ist es normal geworden sich selbst eine Maske zu erschaffen, sodass die anderen einen in dem Licht sehen, in dem man selbst gesehen werden will.
Eure Musik beschäftigt sich mit der Dekadenz und dem Verfall unserer Gesellschaft gleichermaßen. Die sozialen Medien dienen für viele vor allem dazu, für das eben angesprochene Licht, in dem man stehen will, eine Plattform zu bieten. Gleichzeitig ist Dekadenz und Verfall dort omnipräsent. Auf der anderen Seite ist es für viele Bands existenziell geworden eine Social-Media-Präsenz zu füttern, um bemerkt zu werden. Stellt das für euch als Band einen Konflikt dar?
Nein, das ist kein Konflikt. Es gibt sehr viel weniger Mysterien in einer Welt mit Social Media. Der Vorteil für Bands wie uns liegt aber auf der Hand: Es ist viel einfacher mit unseren Fans in Kontakt zu treten. Die sozialen Medien sind oberflächlich, keine Frage – aber du kannst halt entweder versuchen „cool“ rüber zu kommen oder es einfach als Werkzeug für dich nutzen, ohne dabei deine Integrität zu verletzen.
Das Jahr 2018 scheint gerade für brutalere Bands, die Grenzen neu austarieren, lohnend gewesen zu sein. Das neue Daughters Album „You Won’t Get What You Want“ wurde weitreichend in höchsten Tönen gelobt und auch „Vile Luxury“ wurde immer wieder positiv hervorgehoben – abgesehen davon, dass beides unglaublich gute Alben sind: Was denkst du, wie es dazu kommt?
Die Leute sind einfach von den immer gleichen Alben gelangweilt. Daughters und wir haben einen sehr unterschiedlichen Sound, versuchen aber beide Grenzen neu zu definieren. Abgesehen davon kann ich glaube ich für beide Bands sprechen, wenn wir sagen, dass wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen wollen.
Imperial Triumphant mit Mord’a’stigmata auf Tour:
15.04.2019 – Hamburg – Hafenklang
18.04.2019 – Kiel – Alte Meierei
20.04.2019 – München – Dark Easter Metal Meeting